What were organized German workers reading in the 1890's?
a series of transcriptions from Neue Zeit
[ THIS IS A REFERENCE BLOGPOST; GENERAL READERS WILL NOT ENJOY ]
This blogpost transcribes and translates a series of articles about which books Social-Democratic workers read in the 1890's:
JS and EF 1894: Was lesen die organisierten Arbeiter in Deutschland? [What do organized workers in Germany read?]
Vogt 1895: Was liest der deutsche Arbeiter? [What does the German worker read?]
Advocatus 1896: Ein weiterer Beitrag zur Frage: "Was liest der deutsche Arbeiter?" [Another contribution to the question: "What does the German worker read?"]
JG 1898: Was lesen die Wiener Arbeiter? [What do Viennese workers read?]
Haenisch 1899: Was lesen die Arbeiter? [What do the workers read?]
The articles are taken from Die Neue Zeit [The New Times], a journal on socialist theory for the Social Democratic Party of Germany (SPD). These posts appear to have never been transcribed online before.
In my opinion, these articles demonstrate that -- even amongst unionized, politically active socialist workers -- most workers chose lighter reading over denser theory.
Was lesen die organisierten Arbeiter in Deutschland? (1894)
J. S. and E. F. 1894: "Was Lesen die organisierten Arbeiter in Deutschland?" Neue Zeit no 13 pt 1 (1894-95): 154-55 http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=189495a&f=129&l=160 https://www.google.com/books/edition/Die_Neue_Zeit/gC1IAQAAMAAJ?hl=en
Auf Deutsch:
Was lesen die organisierten Arbeiter in Deutschland?
Die Frage ist nicht leicht zu antworten. Abgesehen von der außerordentlich mangelhaften Art der Registrirung ausgeliehener Bücher, welcher Sich die Bibliothekare der Arbeitervereine am meisten bedienen, ist es uns nicht gelungen, auch nur eine Arbeiterbibliothek zu finden, deren Anlage den Grundbedingungen einer Bibliothefstatistik, z.B. Vermerk des Datums der Bücheranschaffung, entsprach. Es ist nun aber klar, daß es außerordentlich schwierig, manchmal sogar ganz unmöglich ist, festzustellen, welche Bücher am häufigsten ausgeliehen wurden, sofern ein Vermert des Datums der An: Beschaffung fehlt. Wenn z.B. von zwei in einer Bibliothek vorhandenen Büchern das eine zwanzigmal im Zeitraum von zwei Jahren ausgeliehen wurde, das andere dagegen im Zeitraum von einem fünfzehnmal, so kann man ganz gewiß nicht behaupten, daß das erste häufiger gelesen wurde. Ebensowenig kann aber auch behauptet werden, daß das zweite Buch häufiger ausgeliehen wurde, weil zur Beurtheilung dessen eine Menge anderer Faktoren in Betracht gezogen werden muß, so z.B. der überaus wichtige Punkt: die Aktualität des betreffenden Buches. Es ist selbstverständlich, dass ein aftuelles Thema behandeltdes Werk sofort nach dem Erscheinen viel gelesen WIRD, aber auch in den weitaus meisten Fällen mit dem Schwinden der Aktualität des Inhalts von anderen Büchern verdrängt WIRD. So kann es oft vorkommen, daß ein Buch, welches im ersten Jahr seines Erscheinens vielleicht dreißigmal ausgeliehen wurde, in den darauffolgenden Jahren gar nicht verlangt WIRD.
Die gesamten skizzirten Schwierigkeiten konnten wir nur theilweise über winden, weil es uns gelang, Arbeiterverein zu finden, bei welchem sich die Zeit der Anschaffung der Bücher-Körperschaft bestimmen ließ.[1]
Der Verein, bei dem diese günstigen Vorbedingungen zutrafen und der uns in zuvorkommendster Weise Einblick in seine Geschäftsführung gewährte, ist ein sozialdemokratischer Leseverein in einer süddeutschen Industriestadt.[2] Derselbe zählt fünfundvierzig meist verheirathete Mitglieder, welche dem Verein größte theils schon seit seiner Gründung angehören. Die Bibliothek besteht aus etwa hundert Werken, zur einen Hälfte Broschüren, Kongreßprotokolle z ., zur anderen Hälfte Bücher.
Die erste interessante Thatsache, welche wir zu Konstatiren im Stande waren, ist die, daß Broschüren nur ausnahmsweise selten verlangt wurden. Eine Ausnahme davon bilden "Josua Davidsohn", "Emser Depesche", "Die zehn Gebote", "Religion des Kapitals", welche je dreimal, "Eines Arbeiters Widerlegung", "Der todte Schulze", "Der Kleinbürger und die Sozialdemokratie", welche je zweimal, endlich, "Unsere Ziele" (Bebel), "Marx vor den Kölner Geschworenen", "Wilhelm Weitling", "Wissen ist Macht", welche je einmal ausgeliehen wurden. Nach den übrigen Broschüren[3] wurde niemals ein Verlangen Eine Erklärung für diese auf den ersten Blick so seltsame Erscheinung glauben wir darin zu finden, daß die Mitglieder des Vereins meistens selbst im Besite dieser Broschüren waren.
Von den Büchern dagegen wurden ausgeliehen:
Bebel, Die Frau [4] (3)[5] 24 mal
Dodel, Moses oder Darwin (2/2) 14 mal
Köhler, Weltschöpfung (3) 11 mal
Aveling, Darwinische Theorie (3) 9 mal
Köhler, Der sozialdemokratische Staat (3) 9 mal
Liebknecht, Ein Blick in die neue Welt (3) 6 mal
Langkavel, Der Diensd und seine Rassen (2) 6 mal
Stern, Philosophie Spinoza's (3) 6 mal
Bebel, Charles Fourier (3) 6 mal
Blos, Deutsche Revolution (1.5) 5 mal
Dombrowsky, Leben und Thaten (1.5) 5 mal
Bommeli, Gosdidite der Erde (1.5) 5 mal
Kautsfy, Thomas Morus (3) 5 mal
Kautsky, Karl Marx' Oekonomische Lehren (3) 5 mal
Blos, Französische Revolution (2) 4 mal
Morgan, Urgesellschaft (2) 4 mal
Lissagaray, Pariser Kommune (2) 4 mal
Schippel, Das moderne Elend (3) 4 mal
Dodel, Aus Leben und Wissenschaft (1) 3 mal
Becer, Enthüllungen über Lassalle (1.5) 3 mal
Kautsky, Erfurter Programm (2) 3 mal
Rorvin, Pfaffenspiegel (2) 3 mal
Strauß, Der alte und der neue Glaube (1) 2 mal
Jakoby, Es werde licht (1.5) 2 mal
König, Schwarze Kabinette (1.5) 2 mal
Engels, Dührings Umwälzung (1.5) 2 mal
Zimmermann, Bauernkrieg (2) 3 mal
Engels, Ursprung der Familie (2) 2 mal
Kablukow, Ländliche Arbeiterfrage (3) 2 mal
Marx, Kapital I (3) 2 mal
Märx, Kapital II (3) 2 mal
Liebknechts Fremdwörterbuch (1) 2 mal
Von den übrigen Büchern wurden je einmal ausgeliehen: Engels, Die Lage der arbeitenden Klassen in England (11/3); Mary, Das Elend der Philosophie (1.5); Sack, Beiträge zur Schule im Dienste der Freiheit (1.5); Lur, Sozialpolitisches Handbuch (2); Walster, Eine mittelalterliche Internationale (1.5). Niemals verlangt wurden: Bommeli, Thier- und Pflanzenleben (1); Bellamy, Rückblick (1); Prowe, John Brown, der Negerheiland (1.5); Petzler, Die soziale Baukunst (1.5).[6]
Zur Kontrolle der gewonnenen Resultate haben wir u. A. die Bibliothek der Zahlstelle des Holzarbeiter - Verbandes, der hundertundzwanzig Mitglieder zählt, benußt. Diese wurde neun Monate vor der Aufnahme unserer Statistik aus den Bibliothefen der Berufsvereine der Drechsler, Stellmacher und Tischler zusammen geseßt. Seit dieser Zeit wurden entnommen:
Bebel, Die Frau [7] (11 mal)
Aveling, Darwinische Theorie (6 mal)
Liebknecht, Ein Blick in die neue Welt (5 mal)
Marx, Kapital I (5 mal)
Schippel, Das moderne Elend (4 mal)
Bebel, Charles Fourier (4 mal)
Korvin, Pfaffenspiegel (4 mal)
Zimmermann, Bauernkrieg (4 mal)
Kautsky, Thomas Morus (4 mal)
Dodel, Moses oder Darwin (3 mal)
Stern, Philosophie Spinoza's (3 mal)
Blos, Frankösische Revolution (3 mal)
Der Vergleich der gewonnenen Resultate zeigt deutlich genug, daß es ver hältnismäßig eine geringe Anzahl von Büchern war, die sich einer größeren Popu larität erfreuen. Weitere Untersuchungen in dieser Richtung bestätigen die obige Behauptung.
Es ist selbstverständlich, daß wir weit davon entfernt sind, die obigen Ergeb nisse in ihrem ganzen Umfange ohne Weiteres auf alle Städte Deutschlands anipenden zu wollen; denn mit der Veränderung in der Zahl der Vereinsmitglieder, in der Art der Zusammensebung der Bibliothek, in der Zahl der Einwohner der Stadt, welch lektere einen bedeutenden Einfluß auf den Grad der Intelligenz der Arbeiter ausübt, müssen sich auch die Resultate solcher Untersuchungen in einer oder der anderen Weise verändern. Dies war aber auch nicht der Hauptzweck unserer Abhand lung. Dieser ist vielmehr, die Aufmerksamkeit der Arbeitervereine auf dieses für sie so wichtige Gebiet der Statistik zu lenken, durch deren Pflege sie uns einen wichtigen Einblick in das Geistesleben des deutschen Proletariats eröffnen können.
[1] Unter verschiedenen Methoden der Ermittlung des Datums der Anschaffung neuerer Werke heben wir insbesondere diese hervor : Vergleich der ersten Ausleihung mit dem Er scheinungsjahr. Eine sehr bequeme Methode scheint auf den ersten Blick diejenige zu sein, das Datum der ersten Ausleihung eines Buches als dasjenige der Anschaffung anzunehmen. In vielen Fällen kann man auf diese Weise auch zu ziemlich brauchbaren Resultaten gelangen. Fedoch muß diese Methode mit äußerster Vorsicht gehandhabt werden, da es oft vorkommt insbesondere in umfangreicheren Bibliotheken – daß ein Buch erst jahrelang unbeachtet im Schranke steht, bis es durch Zufall ausgegraben wird und dadurch erst die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich lenkt.
[2] Bei einer Einwohnerzahl von ca. 80000 wurden daselbst bei der letzten Reichstags wahl 4000 sozialdemokratische Stimmen abgegeben.
[3] Darunter fast alle Hefte der "Sozialdemokratischen Bibliothek".
[4] In Folge der starken Nachfrage wurde vor einem Jahre ein zweites Exemplar dieses Werkes angeschafft.
[5] Die in den Klammern aufgeführten Zahlen geben die Zahl der Jahre an, während weldher die Bibliothek im Besibe der betreffenden Bücher ist.
[6] Die Neue Zeit wurde nicht regelmäßig gelesen. Im Ganzen wurde sie zweiundzwanzigmal (gewöhnlich einige Seite zugleich) an vierzehn Personen ausgeliehen.
[7] Zwei Exemplare.
Machine translation from Google Translate to English:
What do organized workers in Germany read?
The question is not easy to answer. Apart from the extremely poor way of registering borrowed books, which the librarians of the workers' associations use most often, we have not been able to find even one workers' library whose structure corresponded to the basic conditions of library statistics, e.g. the note of the date of book acquisition. It is now clear, however, that it is exceedingly difficult, if not impossible, to determine which books have been borrowed most frequently in the absence of a notation of the date of acquisition. If, for example, of two books in a library, one was checked out twenty times over a period of two years, and the other fifteen times over a period of one year, it certainly cannot be said that the first was read more often. Nor can it be said that the second book was checked out more frequently, because a number of other factors must be taken into account in order to judge this, e.g. the extremely important point: the topicality of the book in question. It goes without saying that a work dealing with a current topic WILL be read a great deal immediately after it is published, but in the vast majority of cases it WILL be supplanted by other books as the topicality of the content dwindles. So it can often happen that a book, which was checked out thirty times in the first year of its publication, is not asked for at all in the following years.
We were only able to partially overcome the outlined difficulties because we succeeded in finding a workers' association in which the time of the acquisition of the book corporation could be determined.[1]
The association that met these favorable preconditions and who gave us an insight into its management in the most courteous manner is a social-democratic reading association in an industrial town in southern Germany.[2] It has forty-five members, most of whom are married, most of whom have belonged to the association since it was founded. The library consists of about a hundred works, half of which are brochures, minutes of congresses, etc., and half of which are books.
The first interesting fact which we were able to ascertain is that pamphlets were exceptionally seldom required. An exception to this is "Josua Davidsohn", "Emser Depesche", "The Ten Commandments", "Religion of Capital", which each contain three times "A Worker's Refutation", "The Dead Schulze", "The Petty Bourgeois and Social Democracy", which each twice, finally, "Our Goals" (Bebel), "Marx before the Cologne jury", "Wilhelm Weitling", "Knowledge is Power", which were each borrowed once. There was never a desire for the other brochures[3]. We think we can find an explanation for this, at first glance, strange phenomenon in the fact that the members of the association were mostly in the possession of these brochures themselves.
Of the books, on the other hand, the following were borrowed:
Bebel, The Woman [4] (3)[5] 24 times
Dodel, Moses or Darwin (2/2) 14 times
Köhler, creation of the world (3) 11 times
Aveling, Darwinian theory (3) 9 times
Köhler, The Social Democratic State (3) 9 times
Liebknecht, A look into the new world (3) 6 times
Langkavel, The service and its races (2) 6 times
Stern, Philosophy of Spinoza (3) 6 times
Bebel, Charles Fourier (3) 6 times
Blos, German Revolution (1.5) 5 times
Dombrowsky, Leben und Taten (1.5) 5 times
Bommeli, Gosdidite of Earth (1.5) 5 times
Kautsfy, Thomas More (3) 5 times
Kautsky, Karl Marx' Economic Lessons (3) 5 times
Blos, French Revolution (2) 4 times
Morgan, primitive society (2) 4 times
Lissagaray, Paris Commune (2) 4 times
Schippel, The modern misery (3) 4 times
Dodel, from life and science (1) 3 times
Becer, Revelations about Lassalle (1.5) 3 times
Kautsky, Erfurt program (2) 3 times
Rorvin, Pfaffenspiegel (2) 3 times
Strauss, The old and the new faith (1) 2 times
Jakoby, Let there be light (1.5) twice
King, Black Cabinets (1.5) 2 times
Engels, Dühring's revolution (1.5) twice
Carpenter, Peasants' War (2) 3 times
Engels, origin of the family (2) 2 times
Kablukov, Rural Labor Question (3) 2 times
Marx, Capital I (3) twice
March, Chapter II (3) 2 times
Liebknecht's foreign dictionary (1) 2 times
Of the other books, one each was borrowed: Engels, The Situation of the Working Classes in England (11/3); Mary, The Poverty of Philosophy (1.5); Sack, Contributions to the School in the Service of Freedom (1.5); Lur, Socio-Political Handbook (2); Walster, A Medieval International (1.5). Never required were: Bommeli, Animal and Plant Life (1); Bellamy, review (1); Prowe, John Brown, the Negro Savior (1.5); Petzler, The social architecture (1.5).[6]
To check the results obtained, we used, among other things, the library of the payment office of the woodworkers' association, which has one hundred and twenty members. Nine months before the inclusion of our statistics, this was put together from the libraries of the professional associations of turners, wheelwrights and carpenters. Since that time, the following have been removed:
Bebel, The Woman [7] (11 times)
Aveling, Darwinian theory (6 times)
Liebknecht, A look into the new world (5 times)
Marx, Capital I (5 times)
Schippel, Modern Misery (4 times)
Bebel, Charles Fourier (4 times)
Korvin, Pfaffenspiegel (4 times)
Carpenter, Peasants' War (4 times)
Kautsky, Thomas More (4 times)
Dodel, Moses or Darwin (3 times)
Stern, Philosophy of Spinoza (3 times)
Blos, French Revolution (3 times)
A comparison of the results obtained shows clearly enough that it was a relatively small number of books that enjoyed greater popularity. Further investigations in this direction confirm the above assertion.
It goes without saying that we are far from wanting to apply the above results in their entirety to all cities in Germany without further ado; for with the change in the number of members of the association, in the way the library is put together, in the number of the inhabitants of the city, which lektere exerts a significant influence on the degree of intelligence of the workers, the results of such investigations must also change in one or change the other way. But that was not the main purpose of our paper. Rather, this is to draw the attention of the workers' associations to this area of statistics, which is so important to them and through the cultivation of which they can give us an important insight into the intellectual life of the German proletariat.
[1] Among the various methods of determining the date of acquisition of recent works, we highlight this one in particular: comparison of the first loan with the year of publication. A very convenient method seems at first sight to be to take the date of the first loan of a book as the date of acquisition. In many cases one can get quite useful results in this way. However, this method must be used with extreme caution, since it often happens, especially in larger libraries, that a book sits in a cupboard unnoticed for years until it is accidentally dug up and only then attracts the attention of wider circles.
[2] With a population of around 80,000, 4,000 social democratic votes were cast there in the last Reichstag election.
[3] Including almost all issues of the "Social Democratic Library".
[4] As a result of the strong demand, a second copy of this work was purchased a year ago.
[5] The numbers in brackets indicate the number of years during which the library is in possession of the books concerned.
[6] Die Neue Zeit was not read regularly. In all it was loaned twenty-two times (usually several pages at a time) to fourteen people.
[7] Two copies.
Was liest der deutsche Arbeiter? (1895)
Advocatus (Paul Vogt) 1895: "Was liest der deutsche Arbeiter?" Neue Zeit no 13 pt 2 (1894-95): 814-817 http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=189495b&f=801&l=832 https://www.google.com/books/edition/Die_Neue_Zeit/p5pIAQAAMAAJ?hl=en
Auf Deutsch:
Was liest der deutsche Arbeiter? Von Advocatus. Zu dieser interessanten Frage, die zum ersten Male von J. S. und E. F. in der Neuen Zeit" (Jahrgang 1894/95, Bd. I, S. 153) behandelt wurde, möchte ich ebenfalls einen kleinen Beitrag liefern. J. S. und E. F. haben ihre Beispiele einer süddeutschen Industriestadt entnommen; meine Zahlen beziehen sich auf Berlin und dürsten deshalb schon um des örtlichen Gegensatzes willen eine nicht unwillkommene Ergänzung der anderen Arbeit bilden.
(1) In der Jalousiefabrik von Heinrich Freese, die etwa sechzig Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt, existirt seit dem Frühjahr 1891 eine Fabrikbibliothek, die von den Arbeitern selbständig verwaltet wird; der Fabrikant enthält sich grundsätzlich jeder Einmischung. Wir haben es hier also nicht mit einer jener beliebten Fabrikbibliotheken zu thun, die von den Fabrikanten angelegt werden, um die Arbeiter geistig zu bevormunden, sondern diese Büchersammlung ist genau so den Wünschen der Arbeiter entsprechend eingerichtet, wie die irgend eines sozialdemo kratischen Vereins.
Am ende 1891 die Bibliothek enthielt 130 Bände und ausgeliehen 250 Bände.
Am ende 1892 die Bibliothek enthielt 151 Bände und ausgeliehen 270 Bände.
Am ende 1893 die Bibliothek enthielt 178 Bände und ausgeliehen 250 Bände.[1]
Von den 60 Arbeitern, die meistens der Fabrik seit langer Zeit angehören, haben etwa 20 die Bibliothek überhaupt noch nicht benutt, während einige sehr eifrige Leser sind; auf jeden der 40 Leser entfallen also jährlich im Durchschnitt 6 bis 7 gelesene Bände. Am meisten gelesen wurden in den 3 Jahren von April 1891 bis September 1894 folgende Bücher, die sämmtlich im Jahre 1891 angeschafft sind und der Sammlung also annähernd gleich lange Zeit angehören:
Gerstäcker, "Regulatoren“ (27 mal)
Zola, Mutter Erde" (24 mal)
Gerstäcker, "Unter dem Aequator" (23 mal)
Disraeli, Sybil" (23 mal)
Kennan, Sibirien" (21 mal)
Zola, "Bestie im Menschen" (20 mal)
Streckfuß, "Der Oberförster von Marggrobowa" (19 mal)
Zola, "Germinal" (18 mal)
Blos, "Die französische Revolution (18 mal)
Swift, "Gullivers Reisen" (17 mal)
Köhler, "Weltschöpfung und Weltuntergang" (16 mal)
Jokai, "Ein Goldmensch" (16 mal)
Zola, "Nana" (15 mal)
Bebel, "Die Frau und der Sozialismus" (15 mal)
"Gartenlaube" 1885 (15 mal)
Ruppius, "Der Pedlar" (14 mal)
Großes Interesse scheinen auch die Romane "Iwanhoe" von Scott und "Nikolaus Nickelby" von Dickens gefunden zu haben, die 1892 angeschafft und seitdem je 14 mal gelesen wurden. Die phantasievollen exotischen Romane Gerstäckers und die Romane Zolas sind augenscheinlich am meisten beliebt; etwa zwei Drittel aller Leser haben die Regulatoren“ und "Mutter Erde" gelesen. Der Bericht konstatirt überdies ausdrücklich: Wir können zu bemerken nicht unterlassen, daß gerade die wissenschaftlichen Werke weniger gelesen werden, und daß das Interesse an Romanen und Novellen überwiegt.
(2) Die Bibliothek eines Fachvereins, der jest in die Zahlstelle eines Zentral verbandes verwandelt ist, umfaßte im letzten Jahr etwa 500 Vände (über 300 Werke); die Mitgliederzahl des Vereins betrug etwa 3200. Die Büchersammlung zerfällt nach dem Katalog inhaltlich in 13 Abtheilungen, die sehr verschieden besezt sind; manche Abtheilungen weisen zahlreiche und gute Werke auf, andere haben nur wenige und nicht hervorragende Schriften. Das muß man bei der Betrachtung der nachstehenden Tabelle beachten, und ich habe deshalb bei jeder Abtheilung die Bändezahl angegeben. Die Tabelle habe ich nach den Angaben des Bibliothekars entworfen; sie zeigt, wie sich die entliehenen Bände auf die einzelnen Quartale und Abtheilungen in den lehten vier Jahren vertheilten. (Siehe Tabelle auf Seite 816.)
Wie man sieht, kann nur ein kleiner Bruchtheil der Mitglieder die Bibliothek öfter oder überhaupt benüht haben. Die 500 Bände sind in vier Jahren etwa 6000 mal ausgeliehen worden; es kommen also auf jedes Mitglied noch nicht zwei Entleihungen in vier Jahren. Obwohl also jeder Band durchschnittlich 12mal gelesen worden ist, so steht die Frequenz der zweiten Bibliothek doch weit hinter der der Fabrikbibliothek zurück, wo auf jeden der 60 Arbeiter jährlich mehr als vier Entleihungen entfallen.
Wie im ersten Beispiele, haben auch hier Romane und Novellen und nach ihnen Länder und Völkerkunde (Reisebeschreibungen) die größte Anziehungskraft ausgeübt, obwohl die Abtheilung G nicht besonders gut besetzt ist. Die Abtheilung M hat in den letzten Jahren eine Anzahl Zola'scher Romane angeschafft, nach denen sehr starke Nachfrage herrscht; daneben befinden sich auch einige Hintertreppenromane (Der Türkenkaiser und seine Feinde" oder „Die Geheimnisse des Hofes von Konstantinopel" 2c.) in der Sammlung, die besser weggeblieben wären. Demnächst am meisten gelesen wurden die naturwissenschaftlichen (je 17 mal), die volkswirthschaftlichen (je 15 mal) und die geschichtlichen Werke (je 13mal). Da die Abtheilungen B und F zahlreich und vortrefflich besezt sind, so ist das auch begreiflich. Das Interesse für geschichtliche Werke ist übrigens noch größer, als die Zahl der durchschnittlichen Entleihungen pro Band erkennen läßt, da diese Abtheilung zu einem Drittel aus Schriften besteht, die für Arbeiter schlechterdings unlesbar sind. Sie enthält nämlich eine ganze Anzahl sogenannter wissenschaftlicher Abhandlungen", wie sie den Jahresberichten der Gymnasien und Realschulen beigelegt werden und die gewöhnlich auch für die Wissenschaft Makulatur sind. Ein sozialdemokratischer Stadtverordneter, der auch Mitglied des fraglichen Vereins ist, hat mit diesen Schriften, die ihm wohl von der städtischen Schulverwaltung geschenkt wurden, nichts Besseres anzufangen gewußt, als sie in die Vereinsbibliothek zu stiften.[2]
Die Benutzung der genannten fünf Abtheilungen steht über dem Durchschnitt (12% Entleihungen); alle anderen Abtheilungen haben geringere Theilnahme gefunden. Relativ noch großes Interesse trotz mangelhafter Ausstattung hat die Abtheilung Gesundheitslehre erweckt; auch die Abtheilung Philosophie ist verhältnißmäßig recht oft benutzt worden, wenn man bedenkt, daß sie fast zur Hälfte aus Werken von Kant besteht. Merkwürdig gering ist dagegen das Interesse für die Dichtkunst; es ist thatfächlich sogar noch geringer, als die Zahl der gelesenen Bände erkennen läßt, da irrthümlicherweise eine Anzahl Dickensscher Romane unter diese Rubrik gezogen sind. Dabei ist diese Abtheilung recht gut ausgestattet; sie enthält sämmtliche Werte von Börne, Goethe, Heine, Lessing, Reuter, Schiller, Gedichte von Dulk, Freiligrath, Geib, Herwegh, Kegels Lichtstrahlen" zc., die meisten Dramen von Jbsen, Björnson u. s. t. Noch geringer leider ist das Interesse für die Fachliteratur (Kunst und Gewerbe), obwohl diese Abtheilung ganz vorzüglich ausgestattet ist. Ebenso haben die Abtheilungen Vermischtes (hauptsächlich Zeitschriften: Neue Zeit", „Neue Welt", Kalender u. dgl.) und Unterrichtswesen nur geringe Anziehungskraft ausgeübt. Rechtswissenschaft und Gesetze sind naturgemäß keine beliebte Lektüre; die am wenigsten benutte Abtheilung Literaturgeschichte enthält nur zwei Werke: Lassalle, Julian Schmidt", und Wittich, „Volk und Literatur".
Von einzelnen Werken scheinen sich besonderer Beliebtheit folgende zu erfreuen, die in mehreren Exemplaren vorhanden sind: Köhler, "Weltschöpfung und Weltuntergang", Christensen, "Moderner Bildungsschwindel", Lange, "Arbeiterfrage", Bebel, "Frau", "Bauernkrieg", "Charles Fourier", Schippel, "Modernes Elend", Kablukoff, "Ländliche Arbeiterfrage", Lissagaray, "Geschichte der Kommune", Kegel, Lassalle", Bellamy, "Rückblick", Disraeli, "Sybil" (je zwei Exemplare); Liebknecht, "Volksfremdwörterbuch", Kautsky, "Mary' ökonomische Lehren", Blos, "Französische Revolution" (je drei Exemplare).
Die Benutzung der Bibliothek in den einzelnen Jahren und Jahreszeiten ist recht verschieden; am wenigsten wurde sie 1892, am meisten 1894 benut. Am meisten gelesen wird natürlich im Winter; der Unterschied gegen die Sommermonate ist sehr erheblich. Interessant ist es, daß die jährlichen Schwankungen in den Zahlen der Entleihungen die einzelnen Abtheilungen nicht gleichmäßig treffen; am wenigsten schwankt die Benutzung der Fachliteratur und die volkswirthschaftlichen Werke, am meisten die der Romane und Reisewerke. Da die verschiedene Frequenz jedenfalls mit dem Umfange der Arbeitslosigkeit in den einzelnen Jahren zusammenhängt, so wird man hieraus den Schluß ziehen können, daß es in unserem Verein einen Stamm von Lesern giebt, die möglichst regelmäßig wissenschaftliche Werke studiren, während ein anderer großer Theil der Mitglieder nur gelegentliche Leser sind, die von Langeweile geplagt, sich durch einfach verständliche Lektüre (Romane, Reisebeschreibungen) die Zeit vertreiben wollen. Die Arbeitslosigkeit war 1894 in unserem Gewerbe ungemein groß, und in Folge dessen schwoll die Zahl dieser gelegentlichen Leser sehr an.
Ich schließe wie J. S. und E. F. mit dem Wunsche, daß von Seiten der Arbeitervereine durch solche statistische Untersuchungen die interessante Frage: "Was liest der deutsche Arbeiter?" noch weiter aufgeklärt werden möchte. Hinsichtlich der Methode dürfte es sich empfehlen, festzustellen, sowohl welche einzelnen Werke als auch vor allem welche Gebiete des Wissens für den Arbeiter am interessantesten sind.
[1] Vergl. "Geschäftsbericht der Arbeitervertretung der Hamburg-Berliner Jalousiefabrik". Berlin 1894. S. 12 ff.
[2] Ich brauche nur einige Titel zu nennen, um zu zeigen, daß sie für Arbeiter völlig werthlos sind: Die handschriftliche Ueberlieferung des Isokrates"; "Die Tropen der griechischen Skeptiker"; "Beiträge zur genaueren Erkenntniß der Mondgottheit bei den Griechen"; Ueber die Spagna istoriata" u.s.w.
Machine translation from Google Translate to English:
What does the German worker read? By Advocate. I would also like to make a small contribution to this interesting question, which was dealt with for the first time by J. S. and E. F. in the "Neue Zeit" (year 1894/95, vol. I, p. 153). J. S. and E. F. have their examples of a taken from an industrial city in southern Germany; my figures relate to Berlin and should therefore form a not unwelcome addition to the other work, if only for the sake of the local contrast.
(1) In Heinrich Freese's jalousie factory, which employs around sixty workers, there has been a factory library since the spring of 1891, which is managed independently by the workers; the manufacturer refrains from any interference as a matter of principle. So we are not dealing here with one of those popular factory libraries that are set up by the manufacturers in order to intellectually patronize the workers, but this collection of books is set up exactly according to the wishes of the workers, like that of any social-democratic association.
At the end of 1891 the library contained 130 volumes and loaned 250 volumes.
At the end of 1892 the library contained 151 volumes and loaned 270 volumes.
At the end of 1893 the library contained 178 volumes and loaned 250 volumes.[1]
Of the 60 workers, most of whom have been with the factory for a long time, about 20 have not used the library at all, while some are very avid readers; each of the 40 readers read an average of 6 to 7 volumes per year. In the three years from April 1891 to September 1894, the following books were read the most, all of which were purchased in 1891 and therefore belonged to the collection for almost the same amount of time:
Gerstacker, "Regulators" (27 times)
Zola, Mother Earth" (24 times)
Gerstäcker, "Below the Equator" (23 times)
Disraeli, Sybil" (23 times)
Kennan, Siberia" (21 times)
Zola, "Beast in Man" (20 times)
Stretching foot, "The head forester of Marggrobowa" (19 times)
Zola, "Germinal" (18 times)
Blos, "The French Revolution (18 times)
Swift, "Gulliver's Travels" (17 times)
Köhler, "Creation of the World and End of the World" (16 times)
Jokai, "A Goldman" (16 times)
Zola, "Nana" (15 times)
Bebel, "Woman and Socialism" (15 times)
"Gazebo" 1885 (15 times)
Ruppius, "The Pedlar" (14 times)
The novels "Iwanhoe" by Scott and "Nikolaus Nickelby" by Dickens, which were bought in 1892 and have since been read 14 times, also seem to have aroused great interest. The imaginative exotic novels of Gerstacker and the novels of Zola are apparently the most popular; about two-thirds of all readers have read “Regulators” and “Mother Earth”. The report also expressly states: We cannot help but notice that scientific works in particular are read less and that interest in novels and short stories predominates.
(2) The library of a professional association, which has now been transformed into the payment office of a central association, comprised about 500 volumes (over 300 works) last year; the number of members of the association was about 3200. According to the catalogue, the book collection is divided into 13 departments, which are staffed very differently; some departments have numerous and good works, others have few and not outstanding writings. This must be taken into account when looking at the table below, and I have therefore given the number of volumes for each section. I designed the table according to the librarian's instructions; it shows how the volumes borrowed were distributed among the individual quarters and sections over the past four years. (See table on page 816.)
As can be seen, only a small fraction of the members can have used the library more often or at all. The 500 volumes have been borrowed about 6000 times in four years; so there are not yet two loans for every member in four years. Thus, although each volume has been read an average of 12 times, the frequency of the second library is far behind that of the factory library, where each of the 60 workers accounts for more than four loans a year.
As in the first example, novels and short stories followed by countries and ethnology (travelogues) have had the greatest attraction here, although Section G is not particularly well staffed. Department M has acquired a number of Zola's novels in recent years, for which there is a very strong demand; the collection also contains a few backstairs novels (The Turkish Emperor and His Enemies or The Secrets of the Court of Constantinople, 2c.) that would have been better left out. The scientific (17 times each), the economics (15 times each) and the historical works (13 times each) were the most read. Since sections B and F are numerous and excellently staffed, that is understandable. Incidentally, interest in historical works is even greater than the average number of loans per volume indicates, since one-third of this section consists of writings that are downright illegible to workers. It contains a whole number of so-called "scientific treatises", such as those enclosed with the annual reports of grammar schools and secondary schools, and which are usually also waste paper for science. A social-democratic city councilor, who is also a member of the association in question, has with these writings which he probably donated by the municipal school administration, didn't know of anything better to do than to donate them to the association's library.[2]
The use of the above five departments is above average (12% borrowing); all other sections have received less attention. The department of health science has aroused relatively great interest despite the lack of equipment; the philosophy section has also been used relatively often, considering that almost half of it consists of works by Kant. Interest in poetry, on the other hand, is remarkably low; it is actually even less than the number of volumes read indicates, as a number of Dickensian novels have been mistakenly included under this heading. This department is quite well equipped; it contains all the values of Börne, Goethe, Heine, Lessing, Reuter, Schiller, poems by Dulk, Freiligrath, Geib, Herwegh, Kegels Licht Rayen" etc., most of the dramas by Jbsen, Björnson and so on. Unfortunately, there is even less interest in the specialist literature (arts and crafts), although this department is excellently equipped. Likewise, the Miscellaneous (mainly periodicals: Neue Zeit", "Neue Welt", calendars, etc.) and Education departments have exerted little attraction. Jurisprudence and laws are natural not a popular reading; the least-used section, Literary History, contains only two works: Lassalle, Julian Schmidt, and Wittich, Volk und Literatur.
Of the individual works, the following seem to be particularly popular, of which there are several copies: Köhler, "Creation of the World and the End of the World", Christensen, "Modern Educational Fraud", Lange, "Workers' Question", Bebel, "Woman", "Peasants' War", "Charles Fourier", Schippel, "Modern Misery", Kablukoff, "The Rural Labor Question", Lissagaray, "History of the Commune", Kegel, Lassalle", Bellamy, "Retrospect", Disraeli, "Sybil" (two copies each); Liebknecht , "Folk Foreign Dictionary", Kautsky, "Mary' economic teachings", Blos, "French Revolution" (three copies each).
The use of the library in the individual years and seasons is quite different; it was least used in 1892, most in 1894. Of course, most people read in winter; the difference compared to the summer months is very significant. It is interesting that the annual fluctuations in the number of loans do not affect the individual departments equally; The use of technical literature and economic works varies the least, that of novels and travel works the most. Since the different frequencies are related to the extent of unemployment in the individual years, one can draw the conclusion that there is a core of readers in our association who study scientific works as regularly as possible, while another large part of the members are only occasional readers, plagued by boredom, who want to pass the time with easily understandable reading (novels, travelogues). Unemployment was extremely high in our trade in 1894, and as a result the number of these occasional readers greatly increased.
I conclude, like J. S. and E. F., with the wish that the workers' associations, through statistical investigations of this kind, answer the interesting question: "What does the German worker read?" would like to be further clarified. With regard to method, it may be advisable to determine which individual works and, above all, which areas of knowledge are of most interest to the worker.
[1] cf. "Annual Report of the Workers' Representatives of the Hamburg-Berlin Jalousiefabrik". Berlin 1894. p. 12 ff.
[2] I only need to name a few titles to show that they are completely worthless for workers: "The handwritten tradition of Isocrates"; "The tropes of the Greek skeptics"; "Contributions to the more precise knowledge of the moon goddess among the Greeks" ; About the Spagna istoriata" etc.
Ein weiterer Beitrag zur Frage: "Was liest der deutsche Arbeiter?" (1896)
Advocatus, "Ein weiterer Beitrag zur Frage: 'Was liest der deutsche Arbeiter?'" Neue Zeit 14, pt. 1 (1895-96): 631-35 http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=189596a&f=609&l=640 https://www.google.com/books/edition/_/1dY5AQAAMAAJ?hl=en&gbpv=1
Ein weiterer Beitrag zur Frage: "Was liest der deutsche Arbeiter?" Von Advocatus.
In Folge der in dieser Zeitschrift gegebenen Anregung vergl. Jahrgang 1894, 95, Band I, S. 153, und Band II, S. 814) hat sich der Volksverein zu Crefeld erfreu licherweise veranlaßt gefunden, eine Bibliotheksstatistik aufzunehmen. In dankens werther Weise hat er das Material der Redaktion der "Neuen Zeit" zur Verfügung gestellt, die es mir zur Bearbeitung überwiesen hat.
Der Verein zählt 300—400 Mitglieder und umfaßt jedenfalls die Elite der sozial demokratischen Wählerschaft Crefelds, das 1893 für die Sozialdemokratie 3730 Stimmen abgab. Die Bibliothek zählt 500 Bände (über 300 Werke). Die Statistik umfaßt die Entleihungen von April 1894 bis November 1895. Doch gehören nicht alle Werfe so lange der Bibliothek an; der größte Theil der Romane ist erst vor Jahres frist angeschafft worden.
Die Benukung ist eine recht rege gewesen; fast 2200 Entleihungen sind ver zeichnet. Jedes Werk ist also durchschnittlich 7 mal, jeder Band 4.5 mal ausgegeben worden; jedes Mitglied hat durchschnittlich 6 Bände in 1.5 Jahren gelesen. Doch ist leider nicht angegeben, ob alle Mitglieder oder wie viele die Bibliothek überhaupt benußt haben.
Die systematische Eintheilung der Büchersammlung läßt manches zu wünschen übrig; fie zerfält in sieben Abtheilungen, die verschieden stark besekt sind und auch verschiedenen Zuspruch gefunden haben, wie die folgende kleine Tabelle zeigt:
[table 1] Name der Abtheilung | Zahl der Werke | Zahl der Bände | Zahl der Entleihungen im Ganzen | Zahl der Entleihungen pro Werk | Zahl der Entleihungen pro Band A. Politische und wissenschaftliche Werke[1] | 205 | 300 | 1076 | 5.25 | 3.25 B. Geschichtliche Werke | 17 | 42 | 231 | 13.5 | 5.5 C. Gedichte und dramatische Werke | 15 | 28 | 146 | 10 | 5.25 D. Erzählungen und Romane | 34 | 46 | 381 | 11 | 7.5 E. Naturwissenschaftliche Werke | 13 | 24 | 180 | 14 | 7.5 F. Zeitschriften | 22 | 28 | 117 | 5.25 | 4 G. Gesetse, Protokolle, Statistiken | 18 | 35 | 21 | 1 | 0.75 [table 1]
Ueber dem Durchschnitt steht die Benutzung der Abtheilungen "Erzählungen und Romane", "Geschichtliche" und " Naturwissenschaftliche Werke". Das Interesse für Romane ist aber weit größer, als die Zahlen erkennen lassen, da die Romane, wie erwähnt, der Bibliothek noch nicht so lange angehören, wie die übrigen Schriften; thatsächlich dürften die Romane den größten Zuspruch gefunden haben. Die Frequenz der Abtheilung "Gedichte und dramatische Werke" entspricht ungefähr dem Durchschnitt, während die Benukung der größten und für eine sozialdemokratische Bibliothet auch wichtigsten Abtheilung "Politische und wissenschaftliche Werke" relativ nicht unbeträchtlich unter dem Durchschnitt steht, wenn sie auch die absolut größte Zahl der Entleihungen aufzuweisen hat. Das geringste Interesse haben die beiden letzten Abtheilungen gefunden.
Die Resultate sind also im Wesentlichen dieselben, wie in den beiden Berliner Bibliotheken (vergl. " Neue Zeit", Jahrgang 1894/95, Band II, S. 814). Es sind dieselben Gebiete, die am Rhein wie an der Spree das größte Interesse erwedten: Romane, Geschichte und Naturwissenschaften; und wenn man untersucht, welche ein zelnen Werke der Autoren sich besonderer Beliebtheit erfreuten, so ist man von der erstaunlichen Uebereinstimmung auch in den Einzelheiten geradezu frappirt.
Von den Romanschriftstellern ist auch hier Zola ein besonders gern gelesener Autor; er ist mit 9 Romanen 11 Bänden) vertreten, die zusammen 140mal aus geliehen wurden. Diejenigen, welche hauptsächlich sexuelle Probleme behandeln, wie "Renata" (La curée) und "Die Sünde des Priesters" wurden am meisten (26 und 22 mal) gelesen. Der "Todtschläger" fand 17, "Germinal" 15, "Das Geständniß eines Jünglings" 12, "Die Lebensfreude", "Therese Raquin" und "Madeleine Ferat" je 9 Leser. "Lourdes" scheint die Leser enttäuscht zu haben; 17 haben den ersten, nur 7 den zweiten Band gelesen.[2]
Auch die übrigen Romane sind alle eifrig gelesen worden: z. B. Suttner, "Die Waffen nieder!" 21 mal, drei Romane von Verne 11, 18 und 20 mal, drei Romane von Strindberg 11, 12 und 18 mal, zwei Romane von O. Walster 14 und 17 mal, Kautsky, "Viktoria "15 mal u.s.w. Also ganz verschiedenartige Werke haben gleiches Interesse gefunden, was das große Verlangen nach unterhaltender Lektüre beweist. Auch die älteren Jahrgänge der "Neuen Welt "sind noch vielfach (7 bis 17 mal) gelesen worden. Von der Belletristik sind außerdem moderne Dramen beliebt: Hauptmanns "Weber" wurden 17 mal, Sudermanns "Ehre" 16 mal und "Heimath" 19 mal verlangt, während die vermutlich sehr schönen Werke "Der Verfluchte" und "Elsbeth oder die Rebellen von Altenstein" glücklicherweise nur 7 und 2 Leser fanden. Für die ältere poetische Literatur ist das Interesse auch in Crefeld ganz gering: von Schillers dramatischen Werken wurden 2 Bände gar nicht, die übrigen 2–4mal ausgeliehen; Goethe ist überhaupt nicht vorhanden, Freiligrath fand 2—4, Heine 4-9 Leser.
Unter den historischen Werken sind am weitaus beliebtesten Zimmer manns "Bauernkrieg" und Blos' "Frankösische Revolution". Beide sind in je 4 Exemplaren vorhanden und sie erreichen mit 47 und 39 Entleihungen überhaupt das Marimum aller Entleihungen. Ob und inwieweit ihr reicher Bilderschmuck zu ihrer Beliebtheit beigetragen hat, läßt sich schwer entscheiden. Jedenfalls sind auch nichtillustrirte Werke, wie z. B. Liebknecht," Robert Blum" 28 mal) fleißig gelesen worden. Nur wenige Werke dieser Abtheilung haben gar keine Leser gefunden.
Von den naturwissenschaftlichen Werken wurden am meisten gelesen: Ranke, "Der Mensch" 1. Band) 29 mal, Bommeli, "Geschichte der Erde" 24 mal, Kreß, "Der Mensch" 22mal, Zimmermann, " Wunder der Urwelt" 21 mal, und Simon," Gesundheitspflege des Weibes" 20mal. Alle Werke dieser Abtheilung sind gelesen worden mit Ausnahme eines Buches über die Diphtheritis.
Wenden wir uns nunmehr der wichtigsten Abtheilung, den politischen und nationalökonomischen Schriften zu, so muß zunächst mit Bedauern konstatirt werden, daß trok der reichen Besekung dieser Abtheilung die beiden grundlegenden Schriften des modernen Sozialismus, Marx' "Kapital" und Engels' "Anti-Dühring" über haupt nicht vorhanden sind; nicht einmal "Lohnarbeit und Kapital" findet sich in der Bibliothek.
Von Marx enthält sie nur das "Kommunistische Manifest" und "Die Ent hüllungen über den Kölner Kommunistenprozeß", die 10 und 12 mal gelesen wurden. Engels, der große Meister populärer Darstellung, ist nicht sehr beliebt: "Die Ent widlung des Sozialismus" fand 4, "Die Wohnungsfrage" 1, "Ludwig Feuerbach" 2 und "Der Ursprung der Familie" 8 Leser. Eine größere Anziehungskraft übt Lassalle aus: Bernsteins Gesammtausgabe fand zwar nur 5—8 Leser für die einzelnen Bände, dagegen brachte es die, "Assisen-Rede" auf 24, "Die Wissenschaft und die Arbeiter" auf 16 Entleihungen; die übrigen Schriften wurden meistens 5-6 mal gelesen.
Viel beliebter als diese drei Begründer der Sozialdemokratie ist Bebel, dessen "[Die] Frau [und der Sozialismus]" (29 Entleihungen) das gelesenste Buch unserer Agitationsliteratur ist; "Die mohammedanisch-arabische Kulturperiode" wurde 17 mal, "Unsere Ziele" 15 mal gelesen; dagegen fand sein "Charles Fourier" nur 1 und "Die Lage der Arbeiter in den Bäckereien" gar keinen Leser. Von Liebknechts Schriften wurden, abgesehen von dem oben genannten "Robert Blum", nur die "Emser Depesche" (15 mal) und "Wissen ist Macht" (11 mal) viel verlangt; die übrigen fanden wenige oder gar keine Leser. Vollmar ist nur mit seiner kleinen Schrift "Ueber Staatssozialismus" ver treten, die, obwohl nur in einem Exemplar vorhanden, zwei bis drei Jahre nach dem Berliner Parteitag doch noch 14 Leser fand. Schippels Schriften dagegen ("Dreiklassenwahlsystem", "Revolution der Gegenwart", "Modernes Elend", "Gewerf schaften", u.s.w) wurden meist nur 2–3 mal ausgegeben, und ein ähnliches Schicksal hat Kautsky gehabt: "Marx' ökonomische Lehren" wurden 2 mal, "Der Arbeiterschutz" 3 mal, "Die internationale Arbeiterschußgesekgebung" 1 mal und "Die Klassengegenjäße von 1789" gar nicht verlangt; nur sein, "More" war beliebter (10 mal). Von Lafargues schönen Arbeiten hat "Das Recht auf Faulheit" 6 Leser gefunden; "Der wirthschaft liche Materialismus" ist dagegen nur 2 mal, "Die Entwicklung des Eigenthums" gar nur 1 mal gelesen worden.
Einige populäre Agitationsbroschüren sind ziemlich oft verliehen worden: Dießgen, "Zukunft der Sozialdemokratie" (18 mal); Gewehr, "Briefe eines Sozia listen" (13 mal); Kautsky und Schönlant, "Grundfäße und Forderungen der Sozialdemokratie" (12 mal). Aber diese Broschüren sind den neu eintretenden Mit gliedern besonders empfohlen worden.
Alle eingehenderen politischen und nationalökonomischen Schriften sind auf sehr geringes Interesse gestoßen. Von den vielen Schristen, die gar nicht gelesen wurden, nenne ich nur folgende: Eccarius, "Kampf des großen und kleinen Kapitals"; Kampffmeyer, "Hausindustrie"; Lassalle, "Ueber Verfassungswesen" u.a.m. Nur einmal gelesen wurden: Beib, "Normalarbeitstag"; J. Jakoby, "Ziel der Arbeiterbewegung"; Kaler, "Weitling"; Schramm, "Grundzüge der Nationalökonomie"; Müller, "Entschädigung bei Unfällen". Nur zweimal ver langt wurden u.a.: Ernst, "Arbeiterschußgesekgebung"; Müller, "Preußische Volksschulzustände"; Wolff, "Schlesische Milliarde"; Schmidt, "Durchschnitts profitrate".
Dreimal ausgegeben wurden: Fischer, "Marxsche Werththeorie"; Lux, "Sozialpolitisches Handbuch"; Schmidt, "Soziale Frage und Bodenverstaatlichung". Nur wenige Schriften (außer den früher genannten) wurden öfter (meist 5–6 mal) gelesen: Brade, "Der Lassallesche Vorschlag"; Müller, "Mythus von der Begründung des Deutschen Reiches"; Fischer, "Dstende von London" und einige andere.
Die Protokolle der Parteitage sind meistens überhaupt nicht verlangt worden; nur das Brüsseler Protokoll fand seltsamerweise 15 Leser. Die älteren Jahrgänge der "Neuen Zeit" wurden 1—7 mal gelesen; doch wurden einige gar nicht verlangt. Auch das Richtersche "Jahrbuch" fand nur einen Leser.
Ganz besonders bedauerlich ist das geringe Interesse selbst für manche aktuelle Fragen: so ist Menger, "Das bürgerliche Recht und die besitlosen Volksklassen" überhaupt nicht verlangt worden, obwohl die Berathung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches bevorstand. Noch weit überraschender ist die völlige Theilnahmslosigkeit gegenüber der Agrarfrage, die das lebte Jahr hindurch die Partei in Aufregung versekte: "Die soziale Frage auf dem Lande" und "Junker und Bauer" beide zusammengebunden in einem Bande) wurden 2mal gelesen; alle übrigen agrarpolitischen Schriften (Liebknecht, "Grund- und Bodenfrage", Kablufow, "Ländliche Arbeiterfrage", Kampffmeyer, "Zur Entwicklung unserer Agrarverhältnisse") wurden überhaupt niemals verlangt!
Auch der Militarismus scheint nicht allzu sehr zu interessiren; die wenigen auf ihn bezüglichen Schriften wurden nur selten gelesen.
Größer ist das Interesse an der Frauenfrage und an der Judenfrage. Bebels "[Die] Frau [und der Sozialismus]" ist, wie erwähnt, eines der gelesensten Bücher; außerdem wurden verliehen Zettin, "Arbeiterinnenfrage" 11 mal; Lur, "Prostitution" 11 mal; Ihrer, "Organisation der Arbeiterinnen" 8 mal u.s.w. Die fünf auf die Judenfrage bezüglichen Schriften sind zusammen 53mal gelesen worden: Bebel, "Sozialdemokratie und Antisemitismus" 10 mal; Falk, "Antisemitismus und Sozialdemofratie" 19 mal; Rosenow, "Kapital und Judenfrage" 12 mal; Krause, "Antisemitische Bewegung" 6 mal und Lur, "Juden als Verbrecher" 6 mal.
Am weitaus wichtigsten sind für die Crefelder Arbeiter aber die religiösen Probleme, was im Katholischen Rheinland nicht eben verwunderlich ist. Mehr als 30 Bücher behandeln Fragen der Religion und des Glaubens und sind zusammen beinahe 400 mal gelesen worden. Am meisten wurden verlangt: Corvin, "Pfaffen spiegel" (35 mal), "Goldene Legende" (28 mal); Dodel-Port, "Moses oder Darwin?" (24 mal), "Glauben oder Wissen" (19mal); Guyot, "Wahre Gestalt des Christenthums" (15 mal); Sassenbach, "Heilige Inquisition" (15 mal); Lommel, "Jesus" (14 mal) u.s.w.
Wenn man die Resultate der ganzen Untersuchung überblickt und die Ein theilung des Katalogs ignorirt, so findet man, daß sich die 2200 Entleihungen ungefähr folgendermaßen vertheilten:
[table 2] Kategorien | Werke | Entleihungen #1. Religion, Philosophie und Naturwissenschaften | 50 | 620 #2. Politik und Volkswirthschaft | 170 | 630 #3. Belletristik (Romane, Dramen, Gedichte, Zeitschriften) | 60 | 700 #4. Geschichte | 20 | 250 Zusammen | 300 | 2200 [table 2]
So erfreulich das Interesse an philosophisch-religiösen und geschichtlichen Fragen ist, so bedauerlich bleibt die relativ geringe Theilnahme an nationalökonomischen und politischen Problemen. Obwohl wir die Elite der sozialdemokratischen Wähler Crefelds vor uns haben, so hat jedes Mitglied jährlich doch nur eine politische oder national ökonomische Schrift gelesen. Dabei darf man nicht vergessen, daß in dieser Ab theilung die kleinen Broschüren ganz besonders zahlreich sind, die noch dazu aus drücklich empfohlen wurden. Viele der besten Schriften stehen fast das ganze Jahr über unbenütt im Schrank; die wichtigsten aktuellen Fragen scheinen Niemanden zu einem genaueren Studium anzuregen. Daß die Mitglieder die wenig ausgeliehenen Broschüren meist selbst besiken, wie die Verfasser des ersten Artikels (Jahrgang 1894/95, Band I, S. 153) annehmen, glaube ich nicht. Sicherlich sind gerade die am häufigsten ausgeliehenen Schriften auch am meisten im Privatbesitz.
Von den verschiedensten Seiten wird darüber geklagt, daß die Vertiefung in unsere Ideen in der Partei nachgelassen habe. Die Nothwendigkeit, den "Sozial demokrat" eingehen zu lassen, scheint diese Behauptung zu rechtfertigen, und auch die bisherigen Aufnahmen über die Lektüre der deutschen Arbeiter sprechen eher dafür als dagegen.
Man muß sich aber davor hüten, die Sachlage allzu pessimistisch zu beurtheilen. Denn die Lektüre von Büchern und Broschüren ist nicht das einzige Bildungsmittel des Arbeiters. In steigendem Maße gewinnt die Presse, namentlich die tägliche Presse, an Bedeutung, die ihre Leser mit allen schwebenden Fragen vertraut zu machen sucht. Sie nimmt fast die ganze Zeit in Anspruch, die der Arbeiter zum Lesen erübrigen kann. Nur wenige gewinnen daneben noch Zeit zum Lesen von Büchern und Zeitschriften, die ausdauerndes Studium verlangen. Freilich tritt da durch das Selbststudium in den Hintergrund und die geistige Selbständigkeit des Ein zelnen wird immer geringer. Es ist also keine erfreuliche Entwidlung, die wir vor uns haben, aber immerhin ist das ganze Bild nicht so ungünstig, wie es nach den Resultaten der Bibliothefsstatistik den Anschein haben könnte. Um so mehr ist es unter diesen Umständen Aufgabe der Partei, die Tagespresse auf ein möglichst hohes Niveau zu heben.
[1] Diese Abtheilung enthält hauptsächlich Agitationsliteratur, nationalökonomische und antireligiöse Sdriften.
[2] Es ist überhaupt eine eigenthümliche Erscheinung, daß von mehrbändigen Werken gewöhnlich nur der erste Band gelesen, die Fortsegung jedoch selten verlangt wird. Bei wissensdaftlichen Werfen ist das stets der Fall, zum Theil aber auch bei Romanen.
Machine translation from Google Translate to English:
Another contribution to the question: "What does the German worker read?" By Advocate.
As a result of the suggestion made in this journal (compare volume 1894, 95, volume I, p. 153, and volume II, p. 814), the People's Association of Crefeld has fortunately felt compelled to record library statistics. In a grateful manner he made the material available to the editors of "Neue Zeit", who referred it to me for processing.
The association has 300-400 members and in any case includes the elite of the social-democratic electorate in Crefeld, which in 1893 cast 3,730 votes for social-democracy. The library has 500 volumes (over 300 works). The statistics include the loans from April 1894 to November 1895. However, not all items have belonged to the library for that long; most of the novels were acquired only a year ago.
The use has been quite lively; almost 2,200 loans are recorded. Each work has therefore been issued an average of 7 times and each volume 4.5 times; each member has read an average of 6 volumes in 1.5 years. Unfortunately, it is not stated whether all members or how many used the library at all.
The systematic division of the book collection leaves much to be desired; It breaks down into seven sections, which are infested to varying degrees and have also found different popularity, as the following small table shows:
[table 1] name of department | number of works | Number of volumes | Total number of loans | Number of loans per work | Number of loans per volume A. Political and scientific works[1] | 205 | 300 | 1076 | 5.25 | 3.25 B. Historical Works | 17 | 42 | 231 | 13.5 | 5.5 C. Poems and Dramatic Works | 15 | 28 | 146 | 10 | 5.25 D. Stories and Novels | 34 | 46 | 381 | 11 | 7.5 E. Scientific Works | 13 | 24 | 180 | 14 | 7.5 F. Magazines | 22 | 28 | 117 | 5.25 | 4 G. Laws, Protocols, Statistics | 18 | 35 | 21 | 1 | 0.75 [table 1]
The use of the "Stories and Novels", "Historical" and "Science Works" sections is above average. However, interest in novels is far greater than the figures indicate, since, as mentioned, novels have not belonged to the library as long as other writings; in fact, the novels may have found the greatest popularity. The frequency of the "Poems and Dramatic Works" department corresponds approximately to the average, while the usage of the largest and for a social-democratic library also the most important department "Political and Scientific Works" is relatively not inconsiderably below the average, even though they also have the absolute largest number of has to show borrowings. The last two sections have attracted the least interest.
The results are essentially the same as in the two Berlin libraries (cf. "Neue Zeit", year 1894/95, volume II, p. 814). It is the same areas that arouse the greatest interest on the Rhine as on the Spree: novels, history and natural sciences; and if one examines which individual works of the authors enjoyed particular popularity, one is downright astounded by the astonishing agreement even in the details.
Of the novelists, Zola is also a particularly well-read author here; he is represented with 9 novels (11 volumes), which have been borrowed 140 times. Those dealing primarily with sexual issues, such as "Renata" (La curée) and "The Sin of the Priest" were read the most (26 and 22 times, respectively). The "Todtschläger" found 17 readers, "Germinal" 15, "The Confession of a Young Man" 12, "Joy of Life", "Therese Raquin" and "Madeleine Ferat" 9 readers each. "Lourdes" seems to have disappointed readers; 17 have read the first, only 7 the second volume.[2]
The other novels have all been read eagerly: e.g. B. Suttner, "Down with your arms!" 21 times, three novels by Verne 11, 18 and 20 times, three novels by Strindberg 11, 12 and 18 times, two novels by O. Walster 14 and 17 times, Kautsky, "Viktoria" 15 times etc. So very different works have found the same interest, which proves the great desire for entertaining reading. The older volumes of the "Neue Welt" have also been read many times (7 to 17 times). Modern dramas are also popular in the field of fiction: Hauptmann's "Weber" was requested 17 times, Sudermann's "Ehre" 16 times and "Heimath" 19 times, while the probably very fine works "The Cursed" and "Elsbeth or the Rebels of Altenstein" fortunately found only 7 and 2 readers. In Crefeld, too, there is very little interest in older poetic literature: 2 volumes of Schiller's dramatic works were not borrowed at all, the others 2-4 times; Goethe is not there at all, Freiligrath found 2-4, Heine 4-9 readers.
Among the historical works, Zimmermann's "Peasants' War" and Blos' "French Revolution" are by far the most popular. Both are available in 4 copies each and with 47 and 39 borrowings they reach the maximum of all borrowings. Whether and to what extent their rich pictorial decoration contributed to their popularity is difficult to decide. In any case, non-illustrated works, such as B. Liebknecht, "Robert Blum" 28 times) diligently read. Only a few works in this department have not found any readers at all.
Of the scientific works, the most read were: Ranke, "Man" 1st volume) 29 times, Bommeli, "History of the Earth" 24 times, Kreß, "Man" 22 times, Zimmermann, "Wonders of the Primeval World" 21 times , and Simon, "Women's health care" 20 times. All the works in this section have been read, with the exception of a book on diphtheritis.
If we now turn to the most important department, the political and national-economic writings, it must first be stated with regret that, despite the rich dedication of this department, the two fundamental writings of modern socialism, Marx' "Capital" and Engels' "Anti- Dühring" are not available at all; not even "wage labor and capital" can be found in the library.
From Marx it only contains the "Communist Manifesto" and "The Revelations about the Cologne Communist Trial", which were read 10 and 12 times. Engels, the great master of popular portrayal, is not very popular: "The Development of Socialism" found 4 readers, "The Housing Question" 1, "Ludwig Feuerbach" 2 and "The Origin of the Family" 8 readers. Lassalle exerts a greater power of attraction: Bernstein's complete edition found only 5-8 readers for the individual volumes, on the other hand the "Assisen-Rede" brought 24, "Die Wissenschaft und die Arbeiter" 16 borrowings; the other writings were mostly read 5-6 times.
Much more popular than these three founders of social democracy is Bebel, whose "[Die] Frau [und der Sozialismus]" (29 borrowings) is the most widely read book in our agitation literature; "The Mohammedan-Arabic Cultural Period" was read 17 times, "Our Goals" 15 times; on the other hand, his "Charles Fourier" found only 1 reader and "The Situation of the Workers in the Bakeries" no readers at all. Apart from the above-mentioned "Robert Blum", only the "Emser Depesche" (15 times) and "Wissen ist Macht" (11 times) were asked for much of Liebknecht's writings; the rest found few or no readers. Vollmar is only represented with his small pamphlet "Ueber Staatssozialismus" (Ueber State Socialism), which, although there is only one copy, still found 14 readers two to three years after the Berlin Party Congress. On the other hand, Schippel's writings ("Three Class Electoral System", "Revolution of the Present", "Modern Misery", "Trade Unions", etc.) were usually only published 2-3 times, and Kautsky had a similar fate: "Marx's Economic Teachings" were published 2 times, "The protection of workers" 3 times, "The international law on the shooting of workers" 1 time and "The class opposition of 1789" not required at all; just be, "More" was more popular (10 times). Of Lafargue's fine works, "The Right to Be Lazy" found 6 readers; In contrast, "Economic Materialism" has only been read twice, and "The Development of Property" only once.
Some popular agitation brochures have been distributed quite often: Dießgen, "Zukunft der Sozialdemokratie" (18 times); Rifle, "Letters from a Socialist" (13 times); Kautsky and Schönlant, "Basics and demands of social democracy" (12 times). But these pamphlets have been specially recommended to new members.
All more-detailed political and economic writings met with very little interest. Of the many writings that were not read at all, I will only name the following: Eccarius, "Battle of the Large and Small Capital"; Kampffmeyer, "House Industry"; Lassalle, "On Constitutional Beings" etc. Only read once: Beib, "Normalarbeitstag"; J. Jakoby, "Aim of the Labor Movement"; Kaler, "Weitling"; Schramm, "Fundamentals of National Economy"; Müller, "Compensation for accidents". The following were only requested twice: Ernst, "Gesekgabe for Workers' Shots"; Müller, "Prussian Elementary School Conditions"; Wolff, "Silesian Billion"; Schmidt, "Average profit rate".
Issued three times: Fischer, "Marxsche Werttheorie"; Lux, "Social Policy Handbook"; Schmidt, "Social question and land nationalization". Only a few writings (apart from the ones mentioned earlier) were read more often (usually 5-6 times): Brade, "Der Lassallesche proposal"; Müller, "Myth of the founding of the German Reich"; Fischer, "Dstende von London" and some others.
Most of the time, the minutes of the party conferences were not asked for at all; strangely enough, only the Brussels minutes had 15 readers. The older volumes of the "Neue Zeit" were read 1-7 times; but some were not required at all. Even Richter's "Yearbook" found only one reader.
It is particularly regrettable that there is little interest, even for some current issues: Menger, "The civil law and the dispossessed classes of the people" was not requested at all, although the draft of a civil code was about to be discussed. Far more surprising is the complete indifference to the agrarian question, which throughout the year agitated the party: "The Social Question in the Country" and "Junker und Bauer" (both bound together in one volume) were read twice; all other agricultural policy writings (Liebknecht, "Basic and Soil Question", Kablufow, "Rural Workers' Question", Kampffmeyer, "On the Development of Our Agricultural Conditions") were never asked for at all!
Militarism does not seem to be of much interest either; the few writings related to him were rarely read.
There is greater interest in the women's question and the Jewish question. Bebel's "[Die] Frau [und der Sozialismus]" is, as mentioned, one of the most widely read books; in addition, Zettin, "Frauenarbeiterfrage" was awarded 11 times; Lur, "prostitution" 11 times; Yours, "Organization of Women Workers" 8 times, etc. The five writings relating to the Jewish question have been read 53 times: Bebel, "Sozialdemokratie und Antisemitismus" 10 times; Falk, "Anti-Semitism and Social Democracy" 19 times; Rosenow, "Capital and the Jewish Question" 12 times; Krause, "Anti-Semitic Movement" 6 times and Lur, "Jews as Criminals" 6 times.
By far the most important thing for the Crefeld workers are the religious problems, which is not exactly surprising in the Catholic Rhineland. More than 30 books deal with questions of religion and belief and together they have been read almost 400 times. The most requested were: Corvin, "Pfaffen spiegel" (35 times), "Golden Legend" (28 times); Dodel-Port, "Moses or Darwin?" (24 times), "Believe or Know" (19 times); Guyot, "True Form of Christianity" (15 times); Sassenbach, "Holy Inquisition" (15 times); Lommel, "Jesus" (14 times) etc.
If one surveys the results of the entire investigation and ignores the classification of the catalogue, one finds that the 2200 loans are distributed approximately as follows:
[table 2] Categories | Works | loans #1. Religion, philosophy and natural sciences | 50 | 620 #2. Politics and economics | 170 | 630 #3. Fiction (novels, dramas, poems, periodicals) | 60 | 700 #4. Stories | 20 | 250 Together | 300 | 2200 [table 2]
As gratifying as the interest in philosophical-religious and historical questions is, the relatively low participation in national-economic and political problems is regrettable. Although we have the elite of Crefeld's Social Democratic voters in front of us, each member read only one political or national-economic publication a year. It should not be forgotten that in this department there are a particularly large number of small pamphlets, which are also expressly recommended. Many of the best typefaces sit unused in the closet for most of the year; the most important current questions do not seem to stimulate anyone to study them more closely. I do not believe that the members mostly own the brochures, which are rarely borrowed, as the authors of the first article (1894/95, volume I, p. 153) assume. Certainly the most frequently borrowed typefaces are also the most privately owned.
Complaints from all quarters about the fact that the deepening of our ideas in the party has diminished. The necessity of letting the "Sozial demokrat" die seems to justify this assertion, and the previous recordings of the reading of the German workers speak more in favor of it than against it.
But one must be careful not to judge the situation too pessimistically. For the reading of books and pamphlets is not the worker's only means of education. Increasingly, the press, especially the daily press, is gaining in importance, which seeks to acquaint its readers with all pending questions. It takes up almost all the time the worker can spare for reading. Only a few have the time to read books and magazines that require persistent study. Of course, self-study recedes into the background and the intellectual independence of the individual becomes less and less. So it is not a pleasant development that we have before us, but at least the whole picture is not so unfavorable as it might appear from the results of the library statistics. Under these circumstances, it is all the more the task of the party to raise the daily press to the highest possible level.
[1] This section mainly contains agitation literature, economic and anti-religious writings.
[2] It is altogether a peculiar phenomenon that usually only the first volume of a multi-volume work is read, but the continuation is seldom demanded. This is always the case with scientific projects, but also sometimes with novels.
Was lesen die Wiener Arbeiter? (1898)
J. G., "Was lesen die Wiener Arbeiter?" Neue Zeit 17, pt. 2 (1898-99): 90; http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=189899b&f=65&l=96 https://www.google.com/books/edition/_/C9Y5AQAAMAAJ?hl=en&gbpv=1
Was lesen die Wiener Arbeiter?
Angeregt durch mehrere seinerzeit in der "Neuen Zeit" erschienene Artikel jenden wir im Folgenden einen Beitrag zu der gewiß sehr interessanten Frage nach der Lektüre gewerkschaftlich organisirter Arbeiter. Daß sich dieser Beitrag auf eine Wiener Gewerkschaft bezieht, dürfte nach unserer Ansicht das Interesse an derfelben gewiß nicht beeinträchtigen; vielleicht wäre sogar eine Gegenüberstellung der ermittelten Zahlen zu deutschländischen Ergebnissen eine sehr interessante Arbeit.
Die Gewerkschaft, auf die sich die folgenden Untersuchungen beziehen, zählte im Berichtsjahr (1898) durchschnittlich 800 Mitglieder, hiervon circa 600 männliche und 200 weibliche; gewöhnlich werden die Angehörigen dieser Branche zu den fo genannten "intelligenten" Arbeitern gerechnet -- wenn dieser Ausdruck in einem Arbeiterblatt gestattet ist. Organisirt ist die Gewerkschaft in die "Zentrale", die circa 650 Mitglieder umfaßt, und drei in den verschiedensten Bezirken vertheilte Lesezimmer, die von circa 250 Mitgliedern besucht wurden. Dementsprechend ist auch die Vereinsbibliothek eingerichtet: die Zentralbibliothek mit 1538 Bänden und die drei Lesezimmerbibliothefen mit zusammen 840 Bänden, zusammen also 2378 Bände. Die Beseßung der einzelnen Fächer ist eine ziemlich sorgfältige. Besonders die so genannte Unterhaltungslektüre wird einer besonders strengen Zensur, speziell bei Nachschaffungen, unterzogen und wurden, um nur ein Beispiel anzuführen, in den lebten Jahren alle sogenannten Familienzeitschriften aus der Bibliothet entfernt. Als weiterer Beweis für die Sorgfalt, die der Bibliothek gewidmet wird, mag dienen, daß im lekten Jahre derselben 189 neue Werke, auf sämmtliche Zweige vertheilt, neu eingereiht wurden.
Entleihungen wurden im ganzen Jahre 2781 gezählt; auf ein Mitglied entfielen ihrer demnach im Durchschnitt 3.5. Hiervon entfielen auf wissenschaftliche Bücher -- die im Allgemeinen stärker besetzt sind als die der Unterhaltungslektüre -- 573, auf letztere 2208. Das Verhältniß beider Hauptgruppen zu einander ist dem nach etwa wie 1 zu 4.
Erwähnenswerth ist hierbei die Beobachtung, daß die Entleiher wissenschaft licher Werke so ziemlich regelmäßig die Bibliothek benußen, während Jene, die in der Vereinsbibliothek nur Erholung und Unterhaltung suchen, in vielen Fällen nur sporadische Leser sind.
Eine Detaillirung in einzelne Untergruppen ist leider nur für die Zentral bibliothef möglich. Hierwurden entlehnt 405 wissenschaftliche und 1540 unterhaltende Bücher. Von ersteren wurden verlangt:
[table 1]
Geschichte und Biographien | 89 mal
Naturwissenschaften und Hygiene | 87 mal
Sozialpolitik | 82 mal
Länder- und Völkerkunde, Reisen | 72 mal
Philosophie, Mythologie | 23 mal
Fachliteratur | 14 mal
[table 1]
Der Rest rangirt unter "Verschiedenes", darunter 15 Entleihungen wissen schaftlichen Charakters in tschechischer Sprache. Weibliche Mitglieder nahmen diesen Theil der Bibliothek in 36 Fällen in Anspruch, hiervon für Sozialpolitik 10 mal. Am meisten begehrt wurde Bebel, der 23 Leser fand, unter diesen 12, die "Die Frau" verlangten. Nach Bebel rangirt sofort Darwin mit 16 Entleihungen, unter diesen 10 von "Die Abstammung des Menschen." Der nächste Meistgelesene ist Kennan mit 13 Lesern. Kautsky wurde 8mal verlangt, darunter das "Erfurter Programm" 4 mal. Marx' "Kapital" fand 4 Leser, gleichfalus 4 das "Kommunistische Manifest" nebst Liebknechts "Wissen ist Macht -- Macht ist Wissen". -- Von geschichtlichen Werken wurde Rogges "Geschichte Desterreichs" 8mal gelesen, 7 mal Struves "Weltgeschichte". Je 6 Entlehnungen fanden Blos' "Frankösische Revolution" und Beckers "Geschichte der Kommune", während Lissagaray's "[Pariser] Kommune" nur 3 mal verlangt wurde. -- Brehms "Thierleben" wurde 7 mal ent liehen, Büchners Werke 11 mal. -- Unter "Länder- und Völkerkunde" fanden, wie bereits erwähnt, Kennans Schriften die ineisten Freunde. -- Fast gar nicht ver langt wurden Protokolle und Zeitschriften.
Eine weit reichhaltigere Besetzung als im Vorstehenden finden wir in den einzelnen Gruppen der Unterhaltungsliteratur. So wurden hier 1540 Entlehnungen gezählt, unter diesen 360 von weiblichen Mitgliedern. Es wurden entliehen:
[table 2]
Romane, Novellen | 1203 mal
Sammelwerke | 210 mal
Gedichte, Theater | 69 mal
Tschechische Unterhaltungsliteratur | 43 mal
Kalender u.s.w. | 15 mal
[table 2]
Den meisten Beifall fand der heimische Rosegger mit 190 Entlehnungen; ihm folgt Zola mit 155; sodann kommt Ebers mit 118. Anzengruber wurde 107 mal entliehen; doch ist hierbei zu bemerken, daß dessen Werke nur nach und nach im Laufe des Jahres eingereiht wurden und weiters die Nachfrage nach seinen Werken in vielen Fällen nicht befriedigt werden konnte. Aus all diesem ist zu schließen, daß Anzengruber gegenwärtig der beliebteste unter den in der Bibliothek vertretenen Schriftstellern ist. Auf Anzengruber folgt Hadländer mit 100 Entlehnungen, so dann Spielhagen mit 96. Die nächst Meistgelesenen sind Daudet, Marryat und Minna Kautsky. -- Trotz aller dieser mehr oder weniger "Neuen" haben auch die "alten" Klassiker eine ziemliche Anzahl von Lesern gefunden. So finden wir, daß Schiller, Goethe, Shakespeare, u.s.w. verhältnißmäßig ziemlich oft ent lehnt wurden. Die Ursachen davon dürften übrigens zumeist in den "volksthüm lichen Nachmittagsvorstellungen" des Burgtheaters zu suchen sein, denen ein großes Verdienst an der Verbreitung der Klassiker unter den Wiener Arbeitern nicht ab gesprochen werden darf. Von Theaterdichtern hat die meisten Leser G. Hauptmann gefunden, dessen Werke 18 mal entlehnt wurden, unter diesen die "Versunkene Glocke" und "Die Weber" je 6 mal. -- Als Kuriosum sei noch zu erwähnen, daß unter "Ver schiedenes" Knigges "Umgang mit Menschen" 4 Entlehner fand.
Inwieweit das Lesebedürfniß durch die Jahreszeit beeinflußt wird, zeigen nachstehende Zahlen. Pro Monat entfielen im Durchschnitt 231 Entlehnungen. Unter diesem Durchschnitt standen nun durchwegs die Sommerinonate in folgender Reihe: Mai 144, August 159, September 181, Juni 189 und Juli 209. Ueber dem Durchschnitt standen: März 237, Februar 240, April 245, Januar 271, Oktober 280, Dezember 299 und November 327.
Dies wären im Großen und Ganzen die aus den Jahresaufzeichnungen zu ermittelnden Ergebnisse. Besonders reichhaltig sind sie nicht. Immerhin aber interessant und aufklärend genug, um so manchen interessanten Schluß auf das Lese- und Lernbedürfniß der Wiener Arbeiter zu gestatten. Unseres Wissens ist das Vorstehende überhaupt der erste Versuch, die Thätigkeit eines Wiener Arbeitervereins bezüglich des Bibliothelwesens der Deffentlichkeit zu übergeben. Sollte es in Zukunft möglich sein, derartige Untersuchungen des Defteren zu veröffentlichen, so könnte dies nach unserer Ansicht nur im Interesse jener Bestrebungen, denen ja alle diese Vereine dienen, gelesen sein. J. G.
Machine translation from Google Translate to English:
What do Viennese workers read?
Stimulated by several articles that appeared in the "Neue Zeit" at the time, in the following we find a contribution to what is certainly a very interesting question about the reading of unionized workers. In our opinion, the fact that this article refers to a trade union in Vienna should certainly not affect interest in the same; perhaps even a comparison of the figures determined with German results would be very interesting work.
The trade union, to which the following investigations relate, had an average of 800 members in the year under review (1898), of whom around 600 were male and 200 were female; usually the members of this trade are counted among the so-called "intelligent" workers -- if the term is permitted in a workers' journal. The trade union is organized into the "headquarters", which has about 650 members, and three reading rooms distributed in the most diverse districts, which were attended by about 250 members. The club library is set up accordingly: the central library with 1538 volumes and the three reading room libraries with a total of 840 volumes, i.e. 2378 volumes in total. The possession of the individual subjects is a fairly careful one. Especially the so-called entertainment reading is subjected to particularly strict censorship, especially in the case of reproductions, and, to give just one example, all so-called family magazines have been removed from the library in recent years. As a further proof of the care given to the library, it may serve that in its tenth year 189 new works, distributed over all branches, were rearranged.
Borrowings were counted in the whole year 2781; one member therefore accounted for an average of 3.5. Of these, 573 were scientific books -- which generally are heavier than entertainment readings -- and 2208 for the latter. The ratio of the two main groups to one another is therefore about 1 to 4.
Worth mentioning here is the observation that the borrowers of scientific works use the library fairly regularly, while those who only seek relaxation and entertainment in the association library are in many cases only sporadic readers.
A detailing into individual subgroups is unfortunately only possible for the central library. Here were borrowed 405 scientific and 1540 entertainment books. The former were required to:
[table 1]
History and Biographies | 89 times
Natural Sciences and Hygiene | 87 times
Social Policy | 82 times
Regional and ethnology, travel | 72 times
philosophy, mythology | 23 times
Specialist literature | 14 times
[table 1]
The rest is ranked under "Miscellaneous", including 15 loans of a scientific nature in the Czech language. Female members used this part of the library on 36 occasions, 10 of them for social policy. The most coveted was Bebel, who found 23 readers, among those 12 who asked for "The Woman". After Bebel, Darwin immediately ranks with 16 borrowings, among those 10 from "The Descent of Man." The next most read is Kennan with 13 readers. Kautsky was requested 8 times, including the "Erfurt Program" 4 times. Marx's "Capital" found 4 readers, as did 4 readers of the "Communist Manifesto" along with Liebknecht's "Knowledge is Power -- Power is Knowledge". -- Of historical works, Rogge's "History of Germany" was read 8 times, Struve's "World History" 7 times. Blos' "French Revolution" and Becker's "History of the Commune" each found 6 borrowings, while Lissagaray's "[Parisian] Commune" was requested only 3 times. -- Brehm's "Thierleben" was borrowed 7 times, Büchner's works 11 times. -- As already mentioned, Kennan's writings found the most friends under "country and ethnology". -- Minutes and journals were almost never requested.
In the individual groups of popular literature we find a much richer occupation than in the above. 1,540 borrowings were counted here, including 360 by female members. Borrowed:
[table 2]
novels, short stories | 1203 times
Collections | 210 times
Poems, Theater | 69 times
Czech popular literature | 43 times
calendar etc. | 15 times
[table 2]
The local Rosegger found the most applause with 190 borrowings; he is followed by Zola with 155; then comes Ebers with 118. Anzengruber has been loaned out 107 times; but it should be noted here that his works were only gradually classified in the course of the year and furthermore the demand for his works could not be satisfied in many cases. From all this it can be concluded that Anzengruber is currently the most popular among the writers represented in the library. Hadländer follows Anzengruber with 100 borrowings, followed by Spielhagen with 96. The next most read are Daudet, Marryat and Minna Kautsky. -- Despite all these more or less "new" ones, the "old" classics have also found quite a number of readers. So we find that Schiller, Goethe, Shakespeare, etc. were borrowed comparatively quite often. Incidentally, the causes of this are most likely to be found in the "folkish afternoon performances" at the Burgtheater, which cannot be denied a great deal of credit for spreading the classics among Viennese workers. G. Hauptmann, whose works were borrowed 18 times, has the most readers among the playwrights, including "Sunkene Glocke" and "Die Weber" 6 times each. -- As a curiosity it should also be mentioned that under "Miscellaneous" Knigge's "dealing with people" found 4 borrowers.
The following figures show the extent to which the need to read is influenced by the season. On average there were 231 borrowings per month. The summer months were consistently below this average in the following series: May 144, August 159, September 181, June 189 and July 209. Above the average were: March 237, February 240, April 245, January 271, October 280, December 299 and Nov 327.
These would be roughly the results to be determined from the annual records. They are not particularly rich. Still, interesting and enlightening enough to permit many interesting conclusions about the need for reading and learning among the Viennese workers. As far as we know, the above is the first attempt at all to hand over the activities of a Viennese workers' association with regard to the library system to the public. Should it be possible in the future to publish such investigations of the Defteren, then in our opinion this could only be read in the interests of those endeavors that all these associations serve. J.G.
Was lesen die Arbeiter? (1899)
Konrad Haenisch, "Was lesen die Arbeiter?" Neue Zeit 18, pt. 2 (1899-1900): 693-94; http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=189899b&f=673&l=704 https://www.google.com/books/edition/_/LMc-AQAAMAAJ?hl=en&gbpv=1
Was lesen die Arbeiter?
Von Konrad Haenisch.
Vor einigen Jahren brachte die "Neue Zeit" mehrmals Erörterungen über die Frage: "Was lesen die organisirten Arbeiter?" Im letzten Jahre wurde das Thema durch einen Wiener Mitarbeiter von Neuem angeschnitten. Es wurde in allen diesen Fällen versucht, der Beantwortung der aufgeworfenen Frage dadurch näher zu kommen, daß man Statistiken über Bestand und Ausleihung von Bibliotheken veröffentlichte, die sich im Besit von Arbeiterorganisationen befanden. Jene Veröffentlichungen regten uns vor zwei Jahren zu einer ähnlichen Arbeit an, die damals aber nicht beendet werden konnte. Wir glaubten, daß es von bedeutendem Interesse fein dürfte, die Frage: "Was lesen unsere Arbeiter?" einmal nicht nur für einen Verein, sondern für eine Großstadt, für einen Platz mit alter und starker Arbeiterbewegung, möglichst genau und lückenlos zu beantworten. Als solch ein Plak bot sich uns Leipzig, das von den deutschen Großstädten nächst Hamburg wohl die älteste und bestdisziplinirte Arbeiterbewegung besikt: man denke an die Vorgänge, die hier schon im Winter 1863 spielten und die Lassalles "Offenes Antwortschreiben" veranlaßten, an die hier erfolgte Gründung des "Angemeinen deutschen Arbeitervereins" durch Lassalle, an die spätere Agitation Bebels und Liebknechts in den sechziger und siebziger Jahren und an den "Volksstaat", das Zentralorgan der Eisenacher, und den "Vorwärts", die beide in Leipzig erschienen.
Die Statistik wurde, wie gesagt, im Jahre 1898 aufgenommen, und giebt die Ziffern für 1897. Sie erstreckt sich auf neun von den soweit wir ermitteln konnten — damals vorhandenen zehn Gewerkschaftsbibliotheken und auf die Bibliostheken von fünf Volks- resp. Arbeiterbildungsvereinen. Bemerkt sei bei dieser Gelegenheit, daß die Pflege des Bibliothelwesens in Leipzig nicht in der Hand der politischen Organisation, der sozialdemokratischen und Wahlvereine, liegt, sondern von diesen im Allgemeinen den Arbeiterbildungsvereinen überlassen worden ist. Außer dieser Bibliothekstatistik haben wir uns bemüht, noch einiges Material über die Verbreitung von Arbeiterliteratur durch Parteikolporteure herbeizuschaffen. Wenn die gewonnenen Ziffern auch schon zwei Jahre alt sind, dürften fie doch keineswegs veraltet sein; die Erfahrung hat gelehrt, daß die Richtung des Lefebedürfnisses fich im Allgemeinen nur sehr langsam verschiebt, und so werden denn die folgenden Ziffern auch heute noch von Interesse sein.
Die Arbeit wurde wesentlich dadurch erschwert, daß die Rubrizirung der Bücher in den Katalogen, soweit von Rubrizirung überhaupt die Rede sein konnte, eine keineswegs einheitliche war. So waren Gesetzbücher bald unter "Sozialwissenschaft", bald unter "Verschiedenes" rubrizirt, bald bildeten sie eine Rubrik für sich. Was die eine Bibliothek unter "Geschichte" eingeordnet hatte, fand sich bei der anderen unter "Nationalökonomie"; ganz bunt liefen auch die Rubriken "Technisches, Naturwissenschaftliches", "Unterhaltendes" und "Verschiedenes" durcheinander. Wir haben uns bemüht, in der nachfolgenden Aufstellung jedes Buch möglichst nach einheitlichen Gesichtspunkten zu rubriziren; die Agitationsschriften wurden – viele von ihnen fanden sich in den Bibliotheken überhaupt nicht vor - allgemein in die erste Rubrik "Sozialpolitisches, Nationalökonomie" eingereiht; die Sammelwerke, die in den Katalogen der Gewerkschaften vielfach eine besondere Abtheilung bildeten, wurden je nach ihrem Inhalt in eine der sechs Rubriken verwiesen, die "Neue Zeit" in die Rubrik, "Sozialpolitik", die "Gartenlaube" zur, "Unterhaltungsliteratur", das "Gesunds heitslexikon" zur "Gesundheitspflege" u.s.w. So dürfte es gelungen sein, in das Chaos einigermaßen Ordnung zu bringen.
[table 1] Nationalökonomie Sozialpolitik Geschichte Biographien Technik Naturwissenschaften Unterhaltungssliteratur Gesundheitspflege Verschiedenes [table 1]
Ueber die Beliebtheit einzelner Werke konnte Folgendes in Erfahrung gebracht werden. Es wurde verliehen im Arbeiterverein Leipzig- Thonberg: Kennan, "Russisches Gefängnißleben", 6 mal, Zola, "Sittsames Heim", 6 mal, Bebel, "Die Frau und der Sozialismus", 5 mal, Cervantes, "Don Quixote", 4 mal, Bellamy, "Ein Rückblick", 3 mal, Goethe, "Wilhelm Meisters Lehrjahre", 2 mal u.s.w.
In der Bibliothek der Tapezirergewerkschaft wurden gelesen: Bebel, "Die Frau und der Sozialismus", 5 mal, Sammlung sozialistischer Flugblätter 4 mal, Suttner, "Die Waffen nieder", 3 mal, verschiedene fachwissenschaftliche Werke 3–4 mal.
Der Bibliothekar der Metallarbeiter gab uns als die bei ihm am meisten entliehenen Werke folgende an: Bebel, "Die Frau und der Sozialismus", Corvin, "Pfaffenspiegel", Ferner, "Das tragische Lebensende Ferdinand Lassalles". Genaue Ziffern waren hier ebenso wenig zu erlangen wie bei den Graveuren, die als die bei ihnen am meisten gelesenen Werke bezeichneten: Blos, "Frankösische Revolution", Bebel, "Die Frau und der Sozialismus", Cassati, "Afrika", Kennan, "Sibirien", Corvin, "Pfaffenspiegel", Maday, "Die Anarchisten", Pfau, "Freie Studien". Der "Pfaffenspiegel" war auch bei den Solzarbeitern das beliebteste Buch; er war hier gar in zwei Exemplaren vorhanden und wurde 9 mal gelesen. Nächst ihm wurden am meisten entliehen: Lommel, "Jesus von Nazareth", Heines Werke, "Halbes und ganzes Freidenferthum", Blos, "Frankösische Revolution", Bebel, "Die Frau und der Sozialismus", Blos, "Deutsche Revolution", Bommeli, "Geschichte der Erde", Zimmermann, "Bauernkrieg", "Lassalles Reden und Schriften", Liebknecht, "Robert Blum", "Leipziger Hochverrathsprozeß", Büchner, "Der Gottesbegriff", "Kraft und Stoff", "Der Mensch und seine Stellung in der Natur und Gesellschaft", Walster, Ain Webstuhl der Zeit", Kennan, "Russisches Gefängnißleben" und "Sibirien", Mädler, "Geschichte der Himmelskunde", Köhler, "Weltschöpfung und Weltuntergang", Simon, "Gesundheitspflege des Weibes". Von jüngeren Kollegen wurden bei den Holzarbeitern die Protokolle von Arbeiterkongressen besonders häufig begehrt.
Bei den Bildhauern wurde am häufigsten gelesen: Nansen, "In Nacht und Eis". Das Wert brachte es auf die stattliche Zahl von 28 Entleihungen. Dann folgen: Zola, "Germinal", 14 mal, Heines Werke 12 inal, Corvin, "Pfaffenspiegel", 8 mal, Bebel, "Die Frau und der Sozialismus", 7 mal, Passer, "Menetekel, eine Entdedungsreise nach Europa", 7 mal, Beck, "Fahrten und Abenteuer zu Lande und zur See", 7 mal, Bellamy, "Rückblick", 6 mal, Zimmermann, "Bauernkrieg", 5 mal, Mantegazza, "Physiologie der Liebe", 5 mal, Heigl, "Spaziergänge eines Atheisten", 5 mal, Rossi, "Die Bewegung in Sizilien", 4 mal. Die in der Bibliothek vorhandenen 19 Bände der "Neuen Zeit" wurden im Ganzen 10 mal verborgt.
Die Sattler entnahmen ihrer Bibliothel Blos, "Frankösische Revolution", 6 mal, Liebknecht, "Robert Blum", 5 mal, Bommeli, "Geschichte der Erde", 5 mal, "Sächsisches Versammlungsrecht", 4 mal, "Die Holländer auf Java", 4 mal, Bebel, "Die Frau und der Sozialismus", 3 mal. Am beliebtesten war bei den Sattlern Rennans Buch über Sibirien, das in drei Exemplaren vorhanden war und es, nach den uns gemachten Mittheilungen, auf nicht weniger als 15 Entleihungen brachte. Zweifelhaft ist uns hier allerdings, ob es sich nicht statt um drei Exemplare um drei Bände eines Exemplars handelt, und ob sich nicht die Gesammtentleihungsziffer dem entsprechend ändert.
Bei den Lithographen wurden entnommen: Corvin, "Erinnerungen", 4 Bände, 7 mal, "Pfaffenspiegel", 5 mal, Bebel, "Die Frau und der Sozialismus" (3 Exemplare), 4 mal, Bellamy, "Ein Rückblick", 4 mal.
Bei den Buchbindern wurde am häufigsten das auch hier in 3 Exemplaren vorhandene Bebelsche Buch über die Frau gelesen, nämlich 12 mal; dann folgte Blos, "Frankösische Revolution" (in 2 Exemplaren vorhanden) mit 10, Zimmermann, "Bauernkrieg", mit 7, und der erste Band des Marxschen "Kapital" mit 4 Entleihungen.
Nur von einer größeren Gewerkschaftsbibliothek, der in Händen von organisirten Malern befindlichen Bibliothek des "Malkasten", konnten wir nähere Angaben nicht erlangen. Es wurde uns nur mitgetheilt, daß die Bibliothek 400 bis 500 Bände zählt und daß am meisten technische und fachwissenschaftliche Werke entliehen werden.
Am beliebtesten scheint, nach der obigen Aufstellung, wie in anderen Orten, so auch in Leipzig, Bebels "Frau" zu sein. Oft in mehreren Exemplaren vorhanden, rangirt es fast überall an der Spitze der häufig entliehenen Bücher. Großer Beliebtheit erfreut sich daneben überall Corvins "Pfaffenspiegel", die "Geschichte der Frankösischen Revolution" von Blos und der Blos-Zimmermannsche "Bauernkrieg", auch Kennans "Sibirien". Von naturwissenschaftlichen Büchern scheint von dem einen Falle, in dem Nansens "In Nacht und Eis" 28 mal entliehen wurde, abgesehen Bommelis "Geschichte der Erde" am liebsten gelesen zu werden. Unter den Dichtern stehen Heine und Zola obenan. Von gesundheitlichen Werken wurde Bods "Buch vom gesunden und kranken Menschen" fast überal 1-2 mal entliehen.
Interessant ist es, das Verhältniß der Entleihungsziffern zur Zahl der vorhandenen Mitglieder festzustellen. Ganz genaue Ziffern ließen sich hier nicht überall gewinnen, da z.B. die Bibliothek des Arbeitervereins Leipzig -Stadt auch Nichtmitgliedern, soweit sie gewerkschaftlich organisirt sind, zur Verfügung steht; doch war 1897, soweit wir unterrichtet sind, der Prozentsak der Nichtmitglieder unter den Lesern ein verschwindend geringer. Die Buchbinderbibliothek ist im Besiß des Fachvereins, doch steht sie auch den Mitgliedern der Zentralorganisation offen. Folgende Ziffern dürften etwa das Richtige treffen:
[table 2] Arbeiterverein Leipzig-Stadt | 508 | 444 Volksbildungsverein Leipzig-Gohlis | 168 | 15 Gemeinnütiger Verein Leipzig-Eutritzsch | 103 | 84 Volksbildungsverein Leipzig-Lindenau | 190 | 62 Arbeiterverein Leipzig-Thonberg | 349 | 178 Buchbinder | 1120 | 379 Tapezirer | 90 | 67 Metallarbeiter | 3020 | 306 Holzarbeiter | 2200 | 32 Graveure | 123 | 115 Sattler | 100 | 135 Bildhauer | 109 | 171 Lithographen (mit Steindruckern 140) | 60 | 145 Buchdrucker | 2031 | 7488 [table 2]
Neben der Ziffer der Entleihungen ist auch die Zahl der Mitglieder von In teresse, die überhaupt die Bibliothek benußten. Genau fonnten wir diese Ziffer nur für die Buchdrucker feststellen; die hier vorhandenen 3155 Bände wurden bei 2031 Mitgliedern 7488 mal an 703 Leser verliehen. Die Bibliothek wurde also etwa von dem dritten Theile der Mitglieder benußt, und jeder der Leser entlieh im Durchschnitt 10 bis 11 Bücher.
Nun noch ein Wort über den Vertrieb von Parteiliteratur durch Kolporteure! Sehen wir von den März- und Maifestzeitungen und den in Broschürenform ver öffentlichten Stenogrammen wichtiger Reichstagssikungen (Umsturzvorlage, Zuchthausurtheil, Zuchthausvorlage u.s.w.), die stets in mehreren Tausenden von Exemplaren verbreitet werden, ab, so muß man leider konstatiren, daß der Absaß unserer alten guten Broschürenliteratur ein recht geringer ist. Der alte, aus der Schule des Sozialistengesekes hervorgegangene Stamm von Genossen besigt die in jener Zeit erschienenen Broschüren größtentheils, der Vertrieb dieser Literatur aber unter den uns neu zuströmenden Arbeitermassen, unter den Rekruten der Partei und der Gewerkschaften, ist ein recht mäßiger. Am meisten wird noch die Kautsky -Schönlantsche Programmbroschüre "Grundfäße und Forde rungen der Sozialdemokratie" und das "Kommunistische Manifest" abgesetzt. Bei den Lieferungswerfen schießt Bebels "Frau" wiederum den Vogel ab, während der Vertrieb der "Geschichte des Sozialismus", des "Hochverrathsprozeß" und der Lassalle- Ausgabe schon sehr bald nach dem Erscheinen der Werke bedenklich abfiel. Auch der Vertrieb der "Freien Stunden" ließ ebenso wie der der geschichtlichen und naturwissenschaftlichen Werke des Dietzschen Verlags viel zu wünschen übrig. Von Bebels "Frau" wurden in Leipzig- Stadt und -Land gebunden und in Heften verbreitet:
[table 3] 1894/95: circa 650 Exemplare 1895/96: circa 86 Exemplare 1896/97: circa 35 Exemplare 1897/98: circa 66 Exemplare [table 3]
Diese Ziffern machen ebenso wie die weiter unten gegebenen keinen Anspruch auf Vollständigteit. Es kommen in ihnen nur die uns vom Leipziger Parteigeschäft für seinen örtlichen Vertrieb gegebenen Ziffern zum Ausdruck; eine sehr große Anzahl von Kolporteuren bezieht aber in Leipzig die Parteiliteratur, besonders Postillon" und "Wahren Jacob", aber auch viele Lieferungswerke, durch bürgerliche Grossisten. Die folgenden Ziffern bleiben also, zumal bei den Witzblättern, erheblich hinter der Wirklichkeit zurück.[4]
Durch das Parteigeschäft wurden in Leipzig-Stadt und -Land abgesetzt von jeder erscheinenden Nummer von:
[table 4] [Titel] | 1894/95 Exemplare | 1895/96 Exemplare | 1896/97 Exemplare | 1897/98 Exemplare "Neue Zeit" | ca 100 | ca 82 | ca 82 | ca 70 "Gleichheit" | ca 100 | ca 80 | ca 80 | ca 68 "Wahrer Jacob" | ca 7800 | ca 7600 | ca 7200 | ca 7150 "Postillon" | ca 1200 | ca 1050 | ca 1000 | ca 950 [table 4]
Vom "Neuen Welt-Kalender" wurden abgesetz:
[table 5] 1895/96: circa 3600 Exemplare 1896/97: circa 4000 Exemplare 1897/98: circa 4300[5] Exemplare [table 5]
Leider fehlen bisher zuverlässige Veröffentlichungen über den Vertrieb von Kolportageromanen, billigen Zeitschriften und dergl. unter der Arbeiterbevölkerung. Erst wenn man derartige Veröffentlichungen zusammenstellt mit den Statistiken der meist unter bürgerlicher oder gar kirchlicher Leitung stehenden sogenannten Volksbibliotheken und mit Erhebungen nach Art der obigen, erst dann könnte man zu einer einigermaßen zuverlässigen Beantwortung der Frage kommen: "Was lesen unsere Arbeiter?"
[1] Bei den Holzarbeitern und Graveuren waren absolut genaue Zahlen nicht zu er langen, daher die Lüden.
[2] Man beachte, daß bei den Sattlern, Bildhauern und Buchdrudern die Gesammtziffer der entliehenen Bände die der vorhandenen weit übersteigt - im Gegensatz zu allen anderen Bibliotheken.
[3] Bei der Buchdrucer-Bibliothet ist die Nubrit "Gesundheitspflege" nicht von der Rubrik "Naturwissenschaftliches" getrennt. Wie oft die vorhandenen 35 Werke über Gesundheitspflege entlehnt wurden, ließ sich nicht feststellen.
[4] Soweit unser Verlag in Betracht kommt, ist der Bezug von Zeitschriften, Lieferungswerten und Brodüren durch bürgerliche Grosso-Buchhandlungen seit längerer Zeit ein außerordentlich geringer. Sobald an einem Orte die Parteiorganisation den Beschluß faßt, die Rolportage selbst in die Hand zu nehmen, ist es mit dem Absat der Grosso Buchhandlungen durch freie Kolporteure (im Gegensatz zu Parteikolporteuren) zu Ende, der Vertrieb unserer Literatur wird durch die Organisationen besorgt. Bis 1895 war das anders. Unter dem Sozialistengesetz und in den ersten Jahren nach Fall desselben arbeitete die freie Kolportage in manchen Orten ganz allein, in anderen Orten neben der Parteiorganisation. Heute ist fast überal der Vertrieb von den Organisationen oder den Zeitungsverlagsstellen der einzelnen Orte in die Hand genommen, nicht immer zum Vortheil der Verbreitung unserer literatur. Durch den sagen wir abgestempelten Vertrieb haben wir auch einen abgestempelten Lesertreis erhalten, wir haben das Verbreitungsgebiet unserer Literatur ein geschränkt. Die freie Kolportage (d.i. eigentlich die organisirte Kolportage) weigert sich seit Jahren, unsere Literatur zu verbreiten, sie wird nur "gelegentlich" mitgenommen; "das Arbeiten darauf lohnt sich nicht", erklärt sie, "die Konkurrenz der Partei ist zu stark". Die Folge davon ist, daß diejenigen Kreise, die außerhalb der politischen Organisation stehen, schwer zugänglich geworden sind. Die freie Kolportage arbeitet in diesem großen Gebiet auf bürgerliche literatur und die Parteifolportage in ihrem Gebiet auf sozialistische Literatur.
[5] Um eventuelle Irrthümer zu vermeiden, sei ausdrüdlich bemerkt, daß diese Ziffern nicht den Gesammtumsatz des Leipziger Parteigeschäftes in obigen Schriften, sondern nur den Umsat in Leipzig selbst angeben.
Machine translation from Google Translate to English:
What are the workers reading?
By Konrad Haenisch.
A few years ago the "Neue Zeit" repeatedly brought discussions about the question: "What are the organized workers reading?" In the last year the subject was brought up again by a Viennese employee. In all these cases an attempt was made to come closer to answering the question raised by publishing statistics on the stock and lending of libraries owned by workers' organizations. Those publications inspired us to do similar work two years ago, but we couldn't finish it then. We thought it might be of significant interest to ask, "What are our workers reading?" not just for a club, but for a big city, for a place with an old and strong labor movement, to answer as precisely and completely as possible. Leipzig offered us such a poster, which of the German cities next to Hamburg probably has the oldest and best disciplined workers' movement: think of the events that took place here in the winter of 1863 and that caused Lassalle's "Open Response Letter" to which followed here Foundation of the "Angemeinen Deutschen Arbeiterverein" by Lassalle, to the later agitation of Bebel and Liebknecht in the sixties and seventies and to the "Volksstaat", the central organ of the Eisenacher, and the "Vorwärts", both published in Leipzig.
As mentioned, the statistics were recorded in 1898 and give the figures for 1897. They cover nine of the ten union libraries that existed at that time, as far as we could determine, and the libraries of five people's and worker education associations. It should be noted on this occasion that the maintenance of the library system in Leipzig is not in the hands of the political organization, the social democratic and electoral associations, but has generally been left to the workers' educational associations. In addition to these library statistics, we have endeavored to obtain some material on the distribution of workers' literature by Party colporteurs. Even if the digits obtained are already two years old, they should by no means be out of date; experience has taught that the direction of the need for life generally shifts very slowly, and so the following paragraphs will still be of interest today.
The work was made considerably more difficult by the fact that the headings of the books in the catalogues, as far as one could speak of headings at all, were by no means uniform. Law books were sometimes classified under "social science," sometimes under "miscellaneous," sometimes they formed a category of their own. What one library classified under "History" was found in the other under "National Economy"; The headings "Technical, Scientific," "Entertaining" and "Miscellaneous" were mixed up quite colorfully. We have endeavored to categorize each book in the following list according to uniform criteria as far as possible; the agitation writings – many of them were not found at all in the libraries – were generally classified under the first heading “Social-political, national economy”; the collective works, which often formed a special section in the catalogs of the trade unions, were referred to one of the six headings depending on their content, the "Neue Zeit" to the heading "Social Policy", the "Gartenlaube" to "Entertainment Literature", the "Health Encyclopedia" for "Health Care" etc. It should have been possible to bring some order into the chaos.
[table 1] National economy Social policy History Biographies Technology Natural sciences Light literature Health care Miscellaneous [table 1]
The following could be found out about the popularity of individual works. It was awarded in the Leipzig-Thonberg Workers' Association: Kennan, "Russian Prison Life", 6 times, Zola, "Modest Home", 6 times, Bebel, "The Woman and Socialism", 5 times, Cervantes, "Don Quixote", 4 times, Bellamy, "A review", 3 times, Goethe, "Wilhelm Meister's apprenticeship", 2 times, etc.
In the library of the upholsterers' union the following were read: Bebel, "Woman and Socialism", 5 times, collection of socialist leaflets 4 times, Suttner, "Lay down your arms", 3 times, various specialist works 3-4 times.
The metalworkers' librarian gave us the following as the works he borrowed the most from: Bebel, "The Woman and Socialism", Corvin, "Pfaffenspiegel", Ferner, "The Tragic End of Ferdinand Lassalle's Life". Exact figures were just as difficult to obtain here as from the engravers, who named the works they read most often: Blos, "Frankosische Revolution", Bebel, "Die Frau und der Sozialismus", Cassati, "Afrika", Kennan, " Siberia", Corvin, "Pfaffenspiegel", Maday, "The Anarchists", Peacock, "Free Studies". The "Pfaffenspiegel" was also the most popular book among the soldiers; it even existed here in two copies and was read 9 times. After him, the most borrowed were: Lommel, "Jesus of Nazareth", Heine's works, "Half and Whole Freidenferthum", Blos, "French Revolution", Bebel, "Woman and Socialism", Blos, "German Revolution", Bommeli , "History of the Earth", Zimmermann, "Peasants' War", "Lassalle's Speeches and Writings", Liebknecht, "Robert Blum", "Leipzig High Treason Trial", Büchner, "The Concept of God", "Power and Material", "Man and his Position in Nature and Society", Walster, Ain Loom of the Time", Kennan, "Russian Prison Life" and "Siberia", Mädler, "History of Heaven", Köhler, "Creation and End of the World", Simon, "Women's Health Care" Among the woodworkers, the minutes of workers' congresses were particularly often coveted by younger colleagues.
The sculptors most often read: Nansen, "In Nacht und Eis". The value brought it to the stately number of 28 loans. Then follow: Zola, "Germinal", 14 times, Heine's works 12 times, Corvin, "Pfaffenspiegel", 8 times, Bebel, "Die Frau und der Sozialismus", 7 times, Passer, "Menetekel, Eine Entdedungsreise nach Europa", 7 times, Beck, "Journeys and Adventures on Land and at Sea", 7 times, Bellamy, "Retrospective", 6 times, Zimmermann, "Peasants' War", 5 times, Mantegazza, "Physiology of Love", 5 times, Heigl, "Walks of an atheist", 5 times, Rossi, "The movement in Sicily", 4 times. The 19 volumes of the "Neue Zeit" in the library were loaned out a total of 10 times.
The saddlers took from their library Blos, "French Revolution", 6 times, Liebknecht, "Robert Blum", 5 times, Bommeli, "History of the Earth", 5 times, "Saxon Assembly Rights", 4 times, "The Dutch on Java ", 4 times, Bebel, "The Woman and Socialism", 3 times. The most popular with the saddlers was Rennan's book on Siberia, which existed in three copies, and, according to our information, brought to no fewer than 15 loans. However, we have doubts as to whether we are dealing with three volumes of one copy instead of three copies, and whether the total number of loans does not change accordingly.
The following were taken from the lithographers: Corvin, "Memoirs", 4 volumes, 7 times, "Pfaffenspiegel", 5 times, Bebel, "The Woman and Socialism" (3 copies), 4 times, Bellamy, "A Review", 4 times.
Among the bookbinders, Bebel's book about women, which is also available here in 3 copies, was read most frequently, namely 12 times; then followed Blos, "Frankosische Revolution" (2 copies available) with 10, Zimmermann, "Peasants' War", with 7, and the first volume of Marx's "Capital" with 4 borrowings.
Only from a larger union library, the "Malkasten" library, which is in the hands of organized painters, we could not obtain more detailed information. We were only informed that the library has 400 to 500 volumes and that most of the technical and specialist works are borrowed.
According to the list above, as in other places, including Leipzig, Bebel's "Frau" seems to be the most popular. Often available in several copies, it ranks almost everywhere at the top of the most frequently borrowed books. Corvin's "Pfaffenspiegel", Blos's "History of the French Revolution" and Blos-Zimmermann's "Peasants' War", as well as Kennan's "Siberia", are also very popular everywhere. Apart from the one case in which Nansen's "In Nacht und Eis" was borrowed 28 times, Bommeli's "History of the Earth" seems to be the most popular book of natural sciences. Among the poets, Heine and Zola are foremost. Bod's "Book of Healthy and Sick People" was borrowed from health works almost every 1-2 times.
It is interesting to determine the ratio of the borrowing figures to the number of existing members. Exact numbers could not be obtained everywhere, since, for example, the library of the Leipzig-Stadt workers' association is also available to non-members, provided they are organized in a trade union; but in 1897, as far as we know, the percentage of non-members among the readers was vanishingly small. The bookbinding library is owned by the Fachverein, but is also open to members of the central organization. The following numbers should be about right:
[table 2] Leipzig-City Workers' Association | 508 | 444 Volksbildungsverein Leipzig-Gohlis | 168 | 15 Non-profit association Leipzig-Eutritzsch | 103 | 84 Volksbildungsverein Leipzig-Lindenau | 190 | 62 Leipzig-Thonberg Workers' Association | 349 | 178 bookbinder | 1120 | 379 Upholsterer | 90 | 67 metal workers | 3020 | 306 Woodworkers | 2200 | 32 engravers | 123 | 115 Saddler | 100 | 135 Sculptor | 109 | 171 Lithographs (with stone printers 140) | 60 | 145 Printers | 2031 | 7488 [table 2]
In addition to the number of loans, the number of members who used the library at all is also of interest. Exactly we could only determine this figure for the printers; the 3155 volumes available here were loaned 7488 times to 703 readers by 2031 members. The library was thus used by about a third of the members, and each reader borrowed an average of 10 to 11 books.
Now a word about the distribution of party literature by colporteurs! If we disregard the March and May festival newspapers and the shorthand of important Reichstag documents published in the form of brochures (overthrow bill, prison sentence, prison bill, etc.), which are always distributed in thousands of copies, we must unfortunately state that the serving of our old good pamphlet literature is quite small. The old stock of comrades that came out of the school of the socialist sect mostly owns the pamphlets that appeared at that time, but the distribution of this literature among the masses of workers who are new to us, among the recruits of the party and the trade unions, is quite moderate. The Kautsky-Schönlantsche program brochure "Foundations and Demands of Social Democracy" and the "Communist Manifesto" were sold the most. When it comes to deliveries, Bebel's "Frau" shoots the bird again, while sales of the "History of Socialism", the "Trial of High Treason" and the Lassalle edition dropped alarmingly very soon after the publication of the works. The distribution of the "Freiestunden" as well as the historical and scientific works of the Dietzsche Verlag left a lot to be desired. Bebel's "Frau" was bound in the city and state of Leipzig and distributed in booklets:
[table 3] 1894/95: around 650 copies 1895/96: around 86 copies 1896/97: around 35 copies 1897/98: around 66 copies [table 3]
These numbers, like those given below, do not claim to be complete. They only express the numbers given to us by the Leipzig party shop for local sales; However, a very large number of colporteurs in Leipzig obtain party literature, especially "Postillon" and "Wahren Jacob", but also many supplied works, through bourgeois wholesalers. The following numbers, especially in the case of joke papers, are considerably less than reality.[4 ]
Through the party business in Leipzig-Stadt and -Land were deducted from every published issue of:
[table 4] [Titel] | 1894/95 copies | 1895/96 copies | 1896/97 copies | 1897/98 copies "Neue Zeit" | ca 100 | ca 82 | ca 82 | ca 70 "Gleichheit" | ca 100 | ca 80 | ca 80 | ca 68 "Wahrer Jacob" | ca 7800 | ca 7600 | ca 7200 | ca 7150 "Postillon" | ca 1200 | ca 1050 | ca 1000 | ca 950 [table 4]
From the "New World Calendar" were borrowed:
[table 5] 1895/96: circa 3600 copies 1896/97: circa 4000 copies 1897/98: circa 4300[5] copies [table 5]
Unfortunately, reliable publications on the distribution of colportage novels, cheap magazines and the like among the working population have so far been lacking. Only when one compiles such publications with the statistics of the so-called people's libraries, most of which are under civil or even church management, and with surveys of the type mentioned above, only then one can arrive at a reasonably reliable answer to the question: "What do our workers read?"
[1] Absolutely exact figures could not be obtained from the woodworkers and engravers, hence the Lüden.
[2] It should be noted that the total number of volumes borrowed from the saddlers, sculptors and book draughtsmen far exceeds that of the existing ones - in contrast to all other libraries.
[3] In the Buchdrucer-Library, the Nubrite "health care" is not separated from the "scientific" section. How often the existing 35 works on health care were borrowed could not be determined.
[4] As far as our publishing house is concerned, the purchase of magazines, delivery values and brochures by bourgeois wholesale bookshops has been extraordinarily low for a long time. As soon as the party organization decides in one place to take the rollportage into their own hands, the sale of wholesale bookshops by free colporteurs (in contrast to party colporteurs) is over; the distribution of our literature is taken care of by the organizations. Until 1895 it was different. Under the Socialist Law and in the first years after it fell, free colportage worked in some places all by itself, in other places alongside the party organization. Today, distribution is almost always taken over by local organizations or newspaper publishers, not always to the advantage of spreading our literature. Through, shall we say, stamped distribution, we have also received a stamped readership, we have restricted the distribution area of our literature. The free colportage (i.e. actually the organized colportage) has refused to distribute our literature for years, it is only "occasionally" taken away; "It's not worth working on," she explains, "the party's competition is too strong." The consequence of this is that circles outside the political organization have become difficult to access. The free colportage works in this large area on bourgeois literature and the party colportage in their area on socialist literature.
[5] In order to avoid possible errors, it should be expressly noted that these figures do not indicate the total turnover of the Leipzig party business in the above publications, but only the turnover in Leipzig itself.